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Jusos distanzieren sich von Gabriel

Linke Sozialdemokraten kritisieren Aussagen des Parteichefs über SYRIZA / SPD-Spitze will harten Kurs gegen griechische Regierung

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Sozialdemokraten streiten über ihre Griechenlandpolitik. Die Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann mahnte SPD-Chef Sigmar Gabriel, er solle mehr Mitgefühl mit der griechischen Bevölkerung zeigen.

In der SPD mehren sich die Stimmen, die einen härteren Kurs gegen die von der Linkspartei SYRIZA dominierte griechische Regierung unterstützen. Nach einer Sitzung der Parteispitze am Montag erklärte Generalsekretärin Yasmin Fahimi, dass alle Anwesenden den Aussagen des Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel zugestimmt hätten. Dieser hatte sich einen heftigen populistischen Ausfall geleistet. Gabriel hatte behauptet, dass die Griechen versuchten, die Bundesrepublik und Europa zu erpressen. Zudem wurde er mit den Worten zitiert: »Wir werden nicht die überzogenen Wahlversprechen einer zum Teil kommunistischen Regierung durch die deutschen Arbeitnehmer und ihre Familien bezahlen lassen.« In Wirklichkeit hatte die griechische Regierung in den Verhandlungen versucht, den Gläubigern klarzumachen, dass etwa weitere Rentenkürzungen für die Griechen nicht zumutbar sind. Wenn beide Seiten nicht bis zum Ablauf des Hilfsprogramms am Monatsende eine Einigung erreichen, droht Griechenland das Ausscheiden aus der Eurozone.

Fahimi warf der Regierung in Athen vor, sich unverantwortlich zu verhalten. »Wir wollen nicht, dass Griechenland aus dem Euro ausscheidet, aber Solidarität ist keine Einbahnstraße«, sagte die SPD-Generalsekretärin. Bei einem Euro-Austritt des Landes bestehe die Gefahr, dass es »eine Art Schubumkehr der europäischen Integration« geben könnte. »Ich glaube, das können wir uns nicht leisten.« Fahimi rief die Griechen zu »ernsthaften Verhandlungen« auf. Bei diesen sollen offenbar die internationalen Geldgeber die Bedingungen für die Südosteuropäer diktieren.

Befeuert wird der Kurs der SPD-Spitze von Vertretern des konservativen Parteiflügels. Deren Sprecher Johannes Kahrs sagte der »Rheinischen Post«, dass in der SPD-Bundestagsfraktion die Griechenland-Unterstützung zu bröckeln beginne. Dagegen übten linke Sozialdemokraten heftige Kritik an ihrer eigenen Parteiführung. »Es reicht mir mit den Betonköpfen, die noch immer an ihrer gescheiterten Sparpolitik für Griechenland festhalten«, teilte die Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann dem »nd« mit. Von einem SPD-Vorsitzenden erwarte sie »mehr Mitgefühl mit der griechischen Bevölkerung und klaren Widerspruch zu der konservativen Mär von ›deutschen Hilfsgeldern‹«. Fakt sei, dass Deutschland die Rettung Griechenlands, also das Ende dieses brandgefährlichen Spiels, bislang keinen Euro wert gewesen sei. Uekermann sprach sich dafür aus, Griechenland mehr Zeit und finanzielle Spielräume zu gewähren.

Die Bundestagsabgeordnete und Chefin des linken SPD-Vereins DL 21, Hilde Mattheis, forderte im Kurznachrichtendienst Twitter, es müsse Schluss sein mit Griechenland-Bashing und dem Herbeireden des Grexit, also einem Ausscheiden Athens aus der Eurozone. Mattheis zitierte Kanzlerin Angela Merkel: »Scheitert der Euro, scheitert Europa.«

Doch viele Politiker in Merkels Partei drohen mit diesem Szenario, wenn die Verhandlungen mit der griechischen Regierung nicht zu ihrer Zufriedenheit verlaufen sollten. »Ein Grexit ist notfalls hinzunehmen, wenn die griechische Regierung nicht endlich das tut, was alle von ihr verlangen, nämlich dass notwendige Reformen umgesetzt werden«, sagte der Parlamentsgeschäftsführer der Union, Michael Grosse-Brömer, im ZDF.

In der LINKEN sorgt die Griechenlandpolitik der Bundesregierung einmal mehr für Empörung. Gabriel und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz müssten eigentlich Forderungen nach einem weiteren »Sozialkahlschlag in Griechenland« verhindern, erklärte Linksfraktionsvize Sahra Wagenknecht. »Stattdessen heizen sie die Stimmungsmache gegen die griechische Regierung an und wollen von ihr weitere Rentenkürzungen und Mehrwertsteuererhöhungen erpressen.« Das Verhalten führender SPD-Vertreter nannte Wagenknecht »eine Schande für die Sozialdemokratie«.

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