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Rauchzeichen aus dem Briefkasten

Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg reicht am Freitag Antrag auf legale Cannabisabgabe ein

Nach anderthalb Jahren Beratungen und Anhörungen war es am Freitag endlich soweit. Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann will sich vier legale Coffee-Shops im Bezirk genehmigen lassen.

Monika Herrmann, Grüne-Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, geht aufs Ganze. Am Freitagvormittag unterschrieb sie den lange angekündigten Antrag zur Genehmigung von Cannabis-Verkaufsstellen in ihrem Bezirk. Das 25-seitige Papier ging noch am Freitag per Post an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn. »Ich sehe die Chancen bei 50:50«, sagte Herrmann. »Aber wir geben den Antrag verantwortungsvoll ab. Anders als so können wir die Situation im Bezirk nicht in den Griff kriegen.«

Ginge es nach Herrmann und dem Fachbeirat, der den Antrag formuliert und erarbeitet hat, sollen im Bezirk künftig vier zertifizierte Verkaufsstellen Marihuana und Haschisch anbieten. Die Abgabe ist ausschließlich für volljährige, gemeldete Bewohner des Bezirks gedacht, die sich vorher bei einem Notar registrieren lassen müssen. Dann erhalten sie eine Art Ausweis, mit dem sie in den zwei Läden in Kreuzberg und Friedrichshain Cannabis in einer Menge von bis zu 60 Gramm pro Monat und 10 Gramm pro Einkauf erwerben können. »Eine geringere Grenze würde dem Ziel zuwiderlaufen, auch die Menschen zu erreichen, die ihren Konsum nicht kontrollieren können«, sagt Horst-Dietrich Elvers, Leiter der Planungs- und Koordinierungsstelle Gesundheit im Bezirk, der im Fachbeirat den Antrag mit erarbeitet hat. Die Verkäufer in den »Cannabisfachgeschäften« sind nach den Vorstellungen des Bezirks eher Berater als legale Dealer. Sie sollen eine Schulung absolvieren und erkennen, wer möglicherweise suchtgefährdet ist und weitervermitteln. Die vier Läden könnten beispielsweise von freien Trägern aus der Suchtberatung betrieben werden, sagt Elvers. Der Preis für ein Gramm würde bei zehn bis dreizehn Euro liegen und orientiere sich an dem aktuellen Preis, der auf der Straße gezahlt wird. Angebaut werden soll das Gras lokal, möglicherweise in Brandenburg. Mehrere Anbieter hätten schon Bereitschaft signalisiert. Bei der Bezirksgärtnerei sei Herrmann aber schon abgeblitzt, sagt sie.

Um mit dem Antrag beim BfArM durchzukommen, bezieht sich der Bezirk auf Paragraf drei des Betäubungsmittelgesetzes, wonach es möglich ist, den Verkauf von Cannabis unter dem Aspekt der Wissenschaftlichkeit oder des öffentlichen Interesses zu legalisieren. »Unser Argument ist der Jugend- und Gesundheitsschutz«, sagt Herrmann. Sie setzt darauf, dass es dem Amt plausibel erscheint, dass der Kampf gegen den unkontrollierten, illegalen Verkauf bislang gescheitert ist. Innerhalb von drei Monaten muss es entscheiden.

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