Goethe - Lenin - Warhol

Chemnitzer Ausstellung »Pop«

  • Hans Brinkmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Fast wie 1988 beim Schlagerfestival in der DDR: In Chemnitz führt die Ausstellung »Pop« die Maler Uwe Lausen, David Hockney und Andy Warhol zusammen. Beim Stelldichein darf einer natürlich nicht fehlen: Wladimir Iljitsch Lenin.

Hockney - Lausen - Warhol. Die neue Ausstellung im Chemnitzer Museum Gunzenhauser ordnet die Namen der Künstler diplomatisch nach dem Alphabet. Es ergibt aber auch vom Umfang her Sinn. Obwohl Uwe Lausens Gemälden der zentrale Platz eingeräumt ist, nehmen Grafiken und Zeichnungen von David Hockney den meisten Raum ein, ein paar Warhols den wenigsten. »Pop« steht wie ein Motto drüber. Wer sich als alter Chemnitzer noch an das Jahr 1988 erinnert, dem fällt vielleicht ein, dass damals die Straße der Nationen über die halbe Länge voller Fahnen war, auf denen ebenfalls »Pop« stand. Heute mag das kaum noch jemand glauben. Andy Warhol hat’s nicht mehr erlebt. Der Anlass war jedoch nicht sein Tod im Jahr zuvor, sondern das Schlagerfestival der DDR.

Heute sponsert ein Freibad den »Pop«, weil Hockney und Lausen Swimmingpools gemalt haben. Dazu wird vermittelt, dass alle drei Künstler unterschiedlich zum Etikett standen. Hockney will nur »ganz am Rande« auf der Welle geschwommen sein. Lausen fand’s alsbald »banal«. Aber Warhol, der war es, ist es und bleibt es natürlich: Pop.

Der Brite David Hockney (geb. 1937) hat lange in Los Angeles gelebt, wo die Darstellung von Lichteffekten im Wasser für ihn wichtig wurde. Der irritierte Blick, der sich zum interessierten wandelt, dann zum liebenden, ist seiner. Die Ausstellung zeigt unter anderem drei Lithografien dazu. Des weiteren Illustrationen eines Gedichts von Konstantinos Kavafis. Intime Porträts seines Lebenspartners Peter Schlesinger und weiterer Freunde, darunter des Schriftstellers Christopher Isherwood sind erstmalig zu sehen. Insgesamt gibt es 22 großformatige Arbeiten auf Papier.

Auf Uwe Lausen (1941-1970) gemünzt ließe sich ein Vers von Peter Hacks abwandeln: Schwer hat er’s, cool zu sein, der Junge! - Immer noch sehr deutsch, bei aller Anstrengung, »amerikanisch« zu erscheinen, verachtete Lausen das Banale - und war doch fasziniert von der brutalen Präsenz all dieser Alltagsdinge, die sich dem Tiefsinn so lässig widersetzten und den herrschenden Konsumgeist feierten. Immerhin saß er nicht dem Irrtum auf, Pop sei engagierte Kunst.

Da passt es gut, im Nebenraum auf drei Lenin-Siebdrucke von Andy Warhol zu treffen, die bestätigen, dass es diesem Künstler nie um etwas anderes als das Offensichtliche ging: die Allgegenwart der Warenform im Kapitalismus. Goethe, Lenin, Warhol selbst - alles nur Abziehbilder - gerade dadurch Widerspruch einfordernd.

Kunst, die ihren Namen verdient, rückt in den Fokus, was gemeinhin ausgeblendet wird. An jemanden wie Uwe Lausen, der sich mit 29 Jahren das Leben nahm, zu erinnern - er war ein Suchender, Irrender, der es mal mit den Situationisten, mal mit dem LSD hielt - ist ein Verdienst. Ein anderes, in der Sammlung Gunzenhauser auf die wirklich reizenden Hockneys zu stoßen und sie sofort auszustellen. Na, und Warhol? Der mischt in die Siebdruckfarbe Diamantstaub. Auch schön.

Museum Gunzenhauser, Chemnitz, bis 13. September

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