Dobrindts 2,7-Milliarden-Euro-Projekt

Bundesverkehrsminister stellt umstrittenes Straßenbauprogramm vor

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
2,7 Milliarden Euro hat der Bundesverkehrsminister für Straßenbauprojekte freigegeben. Das Geld fließt hauptsächlich in die südlichen Bundesländer.

Pünktlich zur Sommerpause versucht sich Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt mal wieder in Szene zu setzen. Sein Straßenbauprojekt werde die »kräftigste Modernisierungsoffensive, die es je gegeben hat«, kündigte der CSU-Mann in der »Bild am Sonntag« mit markigen Worten das Investitionspaket an, das er am Montag in Berlin vorstellte. Von rund 10,5 Milliarden Euro auf rund 14 Milliarden Euro im Jahr 2018 sollen die jährlichen Investitionen in Deutschlands Straßen steigen. Doch so richtig gelingt Dobrindt damit kein Coup.

2,7 Milliarden Euro sollen nach dem Willen des Ministers in insgesamt 72 Straßenprojekte fließen. 1,5 Milliarden Euro gehen dabei in Lückenschlüsse bei Autobahnen und Bundesstraßen, 700 Millionen Euro in Neubauprojekte sowie 500 Millionen Euro in die Modernisierung von Straßen. Zudem soll das Brückenmodernisierungsprogramm auf 1,5 Milliarden Euro aufgestockt werden. Das teuerste Einzelprojekt wird der achtstreifige Ausbau der Autobahn 7 zwischen Hamburg-Stellingen und Hamburg-Nordwest für 181 Millionen Euro.

Bei den Verkehrsclubs kommt Dobrindt mit seiner Offensive jedoch nicht gut an: »Der Verkehrsminister spricht zwar von einer Modernisierungsoffensive auf Rekordniveau - er verschweigt aber, dass mit den Geldern der Wertverlust der Straßen, Brücken und Schienen noch nicht einmal gebremst wird«, sagt etwa Stefan Heimlich, Vorsitzender des ACE Auto Club Europa. Heruntergerechnet auf ein Jahr bestehe die »Offensive« aus nicht einmal einer Milliarde Euro zusätzlicher Mittel. Um den Verfall der Infrastruktur zu stoppen, seien allerdings mehr als sieben Milliarden Euro pro Jahr gefragt.

»Ein Grund für die Misere ist eine Politik, die schon viel zu lange auf teure Neubauprojekte setzt, ohne deren Nutzen sorgfältig auch volkswirtschaftlich geprüft zu haben«, erklärt der Vorsitzende des ökologischen Verkehrsclub Deutschland (VCD), Michael Ziesak. Herr Dobrindt agiere wie ein Häuslebauer, dessen Dach undicht sei. »Doch anstatt dieses zu reparieren, baut er lieber eine dritte Garage«, so Ziesak.

Dabei kommen Dobrindts Milliarden nur einem Bruchteil der rund 230 000 Kilometer an Straßen außerhalb von Ortschaften hierzulande zugute. Lediglich rund 42 000 Kilometer davon sind nämlich Autobahnen oder Bundesstraße. Den weitaus größeren Teil machen Land- und Kreisstraßen aus, für die die Bundesländer beziehungsweise Landkreise zuständig sind. Auch sind Dobrindts Milliarden nicht gerade gleichmäßig auf die Bundesländer verteilt: Den weitaus größten Batzen kriegt mit 621 Millionen Euro sein Heimatland Bayern, gefolgt von Baden-Württemberg mit 537 Millionen Euro und Hessen mit 390 Millionen Euro. In die ostdeutschen Bundesländer Brandenburg und Sachsen etwa fließen nur mickrige 18 beziehungsweise 14 Millionen Euro.

Zudem hat Dobrindt dem VCD zufolge in Sachen Klimaschutz nichts dazugelernt: »Damit auch der Verkehrsbereich zu den Klimaschutzzielen der Bundesregierung beitragen kann, benötigt es deutlich mehr Geld für den Erhalt der klimafreundlicheren Verkehrsträger Schiene und Wasserwege«, so Ziesak. Mit kostspieligen und prestigeträchtigen Großprojekten ließen sich zwar öffentlichkeitswirksam Flatterbänder durchschneiden, aber nicht die Verkehrsprobleme Deutschlands lösen.

Wie diese offenbar in Zukunft gelöst werden sollen, zeigt ein weiteres Projekt, dass der Minister startete. Es sei eine »Neue Generation von ÖPP-Projekten«, also Öffentlich-Privaten-Partnerschaften. An elf Autobahnen und Bundesstraßen kommen private Investoren bei Neubau, Erhaltungs- und Betriebsmaßnahmen mittlerweile zum Zuge. Um 15 Milliarden Euro geht es da. Doch diese ÖPP-Projekte sind sehr umstritten, da sie den Steuerzahler meist teuerer kommen als Projekte, die der Staat alleine durchführt. Kommentar Seite 4

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