SPD-Kreise fordern Kurswechsel in Russland-Politik

Politiker, Künstler und Theologen warnen in Erklärung des Willy-Brandt-Kreises vor Großkonflikt

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. In der SPD mehren sich Stimmen, die eine Abkehr von der Konfrontationspolitik gegenüber Russland fordern. In einer am Dienstag in Berlin verbreiteten Erklärung des Willy-Brandt-Kreises warnen die Autoren vor einem heraufziehenden russisch-euroatlantischen Großkonflikt.

Lesen Sie hier die Erklärung: »Zum bedrohten Frieden – für einen neuen europäischen Umgang mit der Ukraine-Krise«

Dieser könnte in eine Katastrophe münden, »wenn sich die bereits drehende Spirale des Wettrüstens, der militärischen Provokationen und konfrontativen Rhetorik nicht gestoppt wird«, wie es heißt: »Wir fordern daher innezuhalten und einen Neustart der Beziehungen mit Russland zu wagen, bevor es für Alle und Alles zu spät ist.«

Unterzeichner sind unter anderem der frühere SPD-Bundesminister Egon Bahr, der frühere Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Walther Stützle, der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer, der Plakatkünstler und langjährige Akademiepräsident Klaus Staeck und der Pankower Pfarrer und Ex-DDR-Bürgerrechtler Hans Misselwitz. Mitunterzeichner sind zudem die langjährige Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer (Grüne) und die Schriftsteller Ingo Schulze, Volker Braun und Daniela Dahn.

Der Aufruf richte sich an alle verantwortlichen Politiker und friedensbewegten Bürger, aber vor allem ganz direkt an die SPD. Europa brauche Russland und Russland brauche Europa. »Wir stehen vor der Weichenstellung, in einen neuen, mehr oder weniger Kalten Krieg mit ungewisser Perspektive abzugleiten oder uns auf das Ziel einer gemeinsamen europäischen Friedensordnung zu besinnen«, so die Autoren.

Das Versprechen der Charta von Paris von 1990, eine umfassende Friedensordnung für Europa, sei unerfüllt geblieben. Doch Europa könne kein Interesse daran haben, die alte Rivalität der Supermächte USA und Sowjetunion fortzusetzen und Russland in die Knie zu zwingen. »Das unterscheidet die europäische von der amerikanischen Interessenlage: Ohne Russland oder gar gegen Russland kann kaum ein Problem gelöst werden, das Europa als Ganzes betrifft«, warnen die Autoren.

Die Ukraine-Krise lasse sich durch politische Sanktionen gegen Russland nicht lösen. Dauerhafter Interessenausgleich gelinge nur durch Dialog und Verhandlungen. Daher sollten die G-7 Russland sofort wieder einbeziehen und der Nato-Russland-Rat müsse seine Arbeit schnellstmöglich wieder aufnehmen.

Die Autoren plädieren zudem dafür, sich mit der russischen Annexion der Krim abzufinden. Diese sei zwar ein Verstoß gegen internationale Abkommen aber zugleich eine politische Realität, die nicht gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung der Krim rückgängig gemacht werden kann. Der Status quo dürfe die Notwendigkeit der konstruktiven Zusammenarbeit mit den Beteiligten im gemeinsamen europäischen Interesse nicht unterbinden. epd/nd

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