China feiert seine Volksbefreiungsarmee

Rivalitäten in der Region und mit den USA trotz mäßigender Absprachen / Putin kommt zum 70. Jahrestag

  • Werner Birnstiel
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Jahrestag der Gründung der Volksbefreiungsarmee Chinas am 1. August ist kein gesetzlicher Feiertag. Die Streitmacht wird aber nicht nur aus historischen Gründen hoch gewürdigt.

Einen Vorbeimarsch seiner Truppen konnte Chinas Präsident Xi Jinping in diesem Jahr bereits abnehmen. Er stand auf der Tribüne, als die Ehrenwache der Heeres-, Marine- und Luftstreitkräfte seines Landes zum »Tag des Sieges« am 9. Mai über den Roten Platz in Moskau paradierte. Die nächste Militärparade aus Anlass des 70. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkrieges findet am 3. September in Peking statt und wird die erste seit Amtsantritt des Präsidenten werden.

Zwischen beiden Großereignissen begeht die Volksrepublik an diesem 1. August den 88. Gründungstag ihrer Volksbefreiungsarmee. Auch dafür soll sicher als Ziel der Paraden gelten, was die Sprecherin des Pekinger Außenministeriums Hua Chunying bekannt gab. Es gehe darum zu »demonstrieren, dass China und alle Menschen die Fähigkeit und die Entschlossenheit haben, den Frieden zu verteidigen«.

Im Blick sind dabei Veränderungen globaler wie auch der Kräfteverhältnisse in Chinas Nachbarregionen in Ost- und Südostasien. In den internationalen Medien wird vordergründig auf die Spannungen im Ost- und Südchinesischen Meer zwischen China und Anrainerstaaten wie den Philippinen und Vietnam sowie mit den USA und Japan eingegangen. Doch immerhin eröffnete der USA-Besuch des Stellvertretenden Vorsitzenden der einflussreichen Militärkommission beim ZK der KP Chinas, Fan Changlong, gerade erst im Juni Aussichten auf eine größere Sachlichkeit im Umgang miteinander. So wurde ein Abkommen unterzeichnet, das künftig den Dialog miteinander sichern soll. Hinzu kam eine Vereinbarung über »Verhaltensweisen beim Aufeinandertreffen militärischer Kräfte in Lufträumen«. Die praktische Bedeutung solcher Absprachen wurde spätestens im Streit um die Hoheit über Lufträume deutlich, wenn er mit waghalsigen Flugmanövern ausgetragen wurde.

Im Vorfeld des für September geplanten Besuches von Staatspräsident Xi Jinping in den USA war das durchaus ein Schritt in Richtung Entspannung. Mehr aber auch nicht. Denn nur wenige Tage nach dem Besuch des Vertreters der Pekinger Militärkommission Fan Changlong sorgte sich der scheidende Generalstabchef Martin Dempsey öffentlich zutiefst um den Machtverlust der US-Streitkräfte. Diese bräuchten ausreichende Finanzmittel, um in künftigen Konflikten »auf einem technisch schwierigeren Schlachtfeld« zu bestehen.

Deutlich wird, dass der aktuelle Jahresetat von 600 Milliarden Dollar (545 Milliarden Euro) dem Militärisch-Industriellen Komplex der USA und seinen Speerspitzen in den Streitkräften noch immer nicht ausreicht. Sie verweisen neben Russland auf China als die »größten Bedrohungen für die nationale Sicherheit der USA«. Peking hat 2015 allerdings »nur« einen Rüstungsetat von 131 Milliarden Euro. Der Dempsey im Herbst im Amt folgende General Joseph Dunford legte schon einmal nach und warnte vor den »militärischen Fähigkeiten und der Präsenz im Pazifik« chinesischer Seestreitkräfte. Von den USA forciert sind inzwischen sicherheits- und verteidigungspolitische Risiken im sogenannten Cyberwar herangewachsen. Über elektronische, computer- und satellitengestützte Datenübertragung und Datenverarbeitung sind Cyberanschläge möglich. Computer und Netzwerke im Ausland können manipuliert, blockiert und zerstört werden. Bereits Ende 2012 hatte US-Präsident Obama eine Direktive unterzeichnet, mit der sich die USA einen Cyber-Erstschlag zugestehen. Dagegen wiederum will sich Chinas Armee wappnen.

Die Auseinandersetzungen zwischen China und Japan gehören vor diesem Hintergrund zum machtpolitischen Tagesgeschäft mit historischem Hintergrund. Denn der amtierende nationalistische Ministerpräsident S. Abe sieht Japan »während des zweiten Weltkrieges nicht im Unrecht«. Er stellte den Tokioter Kriegsverbrecherprozess (1945 bis 1948) infrage, besuchte den Yasukuni-Schrein, wo auch »14 A-Klasse Kriegsverbrecher« verehrt werden, und will nun den Artikel 9 der japanischen Verfassung außer Kraft setzen, der Kampfeinsätze japanischer Streitkräfte im Ausland verbietet.

Von den Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Beendigung des zweiten Weltkrieges in Ostasien im Frühherbst in Peking, zu denen auch Russlands Präsident Wladimir Putin als »enger Freund« und »strategischer Partner« anreist, sind mit einiger Spannung zu erwarten. Sie werden zeigen, inwieweit gemeinsame Sicherheitsinteressen beider Länder auch als Gegengewicht zur amerikanisch-japanischen Militärallianz an Kontur gewinnen.

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