Schottisch stirbt aus

Wissenschaftler behaupten, Fernseh- und Radiosprechern wird der Akzent ausgetrieben

  • Meike Stolp, London
  • Lesedauer: 2 Min.
Der schottische Akzent stirbt aus. Das behaupten zumindest Wissenschaftler. Schuld seien die Medien, meinen sie, deren Moderatoren sich das schottische »R« abtrainieren müssten.

Sean Connery hat ihn, Ewan McGregor auch und James McAvoy ebenfalls - doch der schottische Akzent stirbt aus. Das sagen zumindest Linguistikexperten der Universitäten Glasgow und der Queen Margaret University Edinburgh. Das rollende »R« könnte in den kommenden Jahrzehnten also langsam entschwinden - und mit ihm der Charme des ganz besonderen nordbritischen Akzents.

Bislang konnte man die meisten Schotten - wie auch Waliser und Nordiren - am ausgeprägten Akzent erkennen, der sich so gar nicht dem eleganten Englisch der Engländer unterordnen wollte. Schottisch klingt so ein bisschen wie der Stereotyp, den sich Ausländer von den Highlandern zusammenbasteln: bodenständig und ein bisschen hart. Es gibt Menschen, die sagen, es erinnere sie an Menschen, die mit deutschem Akzent versuchen würden, Englisch zu sprechen. Aber natürlich sind nicht alle Schotten Highlander. Entsprechend unterschiedlich klingt ihr Akzent.

Die Wissenschaftler fanden nun heraus, dass einige Sprachmerkmale bei den meist jungen schottischen Testpersonen schon jetzt nicht mehr richtig zu hören sind. »Was wir festgestellt haben, ist, dass Menschen, die Schottisch sprechen, schon jetzt das R etwas zurücknehmen - sie sprechen es immer noch aus. Man kann es nur nicht mehr richtig hören«, sagt etwa Eleanor Lawson, Soziolinguistin an der Queen Margaret University. Einige Schotten hätten den Akzent sogar ganz abgelegt.

Schuld daran sollen die Medien sein. Denn den Fernseh- und Radiosprechern würde meist der Akzent durch Schulungen und Sprachübungen ausgetrieben. »99 Prozent dessen, was man im schottischen Radio und Fernsehen hört, sind englische und amerikanische Akzente«, erklärt Michael Hance, Direktor des Schottischen Sprachzentrums, den englischen Medien. Mit wenigen Ausnahmen. Die Moderatorin des Fernsehsenders ITV, Lorraine Kelly, darf ihren Akzent behalten. Ihr Akzent wurde in einer Umfrage 2014 sogar zum »freundlichsten« gewählt.

Anders als Sächsisch oder Schwäbisch, das im Restdeutschland meist als weniger attraktiv angesehen wird, wird Schottisch von den Restbriten nämlich eher als angenehm empfunden. In einer Umfrage wurde der nordbritische Zungenschlag mit 15 Prozent sogar zum zweitsexiesten im Vereinigten Königreich gewählt. Nur die Nordiren gelten mit 17 Prozent als noch attraktiver - was allerdings auch mit Künstlern wie Liam Neeson und »Fifty Shades of Grey«-Darsteller Jamie Dornan zu tun haben könnte, die sich nicht nur bei weiblichen Bewunderern großer Beliebtheit erfreuen.

Doch einige Schotten fühlen sich bei allen Sympathiebekundungen trotzdem als Außenseiter. Laut einer Umfrage fühlen sich 29 Prozent der Männer und Frauen mit dem rollenden »R« in sozialen Situationen unwohl, weil sie sich aufgrund des Akzents diskriminiert fühlen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal