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Einmischung, seit 1972

Schon über 40 Jahre gibt es Ausländerbeiräte - allein in Hessen sind es knapp 100

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Nicht nur gegen Diskriminierung, sondern für Gleichberechtigung und aktive Mitsprache treten Ausländerbeiräte ein. In Hessen werden die Beiräte nun neu gewählt.

Kommunale Ausländerbeiräte als Sprachrohr und Vertretungsorgan von Migranten haben besonders in Hessen eine lange Tradition. Als in den frühen 1970er Jahren Millionen sogenannter »Gastarbeiter« vorwiegend aus südeuropäischen »Anwerbeländern« in der Bundesrepublik sesshaft geworden waren und mit ihren Familien Wurzeln schlugen, erhob sich Unmut gegen ihre politische Rechtlosigkeit. Erste Aktivisten erhoben die Forderung nach einem kommunalen Ausländerwahlrecht als Schritt zum vollen Wahlrecht.

Vor diesem Hintergrund wurde bereits 1972 in der Landeshauptstadt Wiesbaden der erste Ausländerbeirat der Republik gegründet. Das Beispiel machte im Laufe der Jahre in Bad Homburg, Rüsselsheim, Kassel und Limburg Schule. 1983 wurde die Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Hessen (AGAH) als Dachverband ins Leben gerufen.

Seit über 20 Jahren sind die kommunalen Ausländerbeiräte mit ihren Rechten und Befugnissen in der hessischen Kommunalverfassung verankert. Derzeit bestehen landesweit knapp 100 Gremien dieser Art. In allen hessischen Städten und Gemeinden mit mehr als 1000 ausländischen Einwohnern sind Ausländerbeiräte vorgeschrieben, in etlichen kleineren Kommunen bestehen sie ebenso wie in den Landkreisen Gießen und Kassel auf »freiwilliger« Basis.

Bei der letzten Wahl im Jahre 2010 wurden 968 Mandate vergeben. Ob in all diesen Kommunen wieder eine Wahl stattfindet, hängt nicht zuletzt auch vom Zustandekommen neuer Bewerberlisten ab.

Während alle Ausländer mit festem Wohnsitz in einer Kommune das Wahlrecht haben, können zusätzlich auch Doppelstaater und eingebürgerte Deutsche ausländischer Herkunft sowie Flüchtlinge kandidieren, wenn sie volljährig sind und seit mindestens sechs Monaten ihren Hauptwohnsitz in dem betreffenden Ort haben.

Die Ausstattung der lokalen Beiräte mit Personal und Finanzen sowie die Handhabung von Rede- und Antragsrecht gegenüber den Kommunalgremien ist örtlich unterschiedlich geregelt. Um einheitliche Befugnisse zu erreichen, fordert die AGAH ein gesetzliches Antrags- und Rederecht sowie verbesserte Teilnahmerechte in kommunalen Gremien.

»Damit wollen wir sicherstellen, dass Migranten auch in der Praxis Gehör finden und nicht mehr - wie teilweise üblich - mit fadenscheinigen Argumenten ausgeschlossen werden«, so der AGAH-Landesvorsitzende Enis Gülegen. Ebenso fordert er ein aktives Wahlrecht für Eingebürgerte. »Es kann nicht sein, dass Eingebürgerte für die Beiräte kandieren, aber nicht wählen dürfen. Bei über 40 Prozent aktiven Eingebürgerten in den Ausländerbeiräten ist dies ein absolutes Muss!«

Seit den Zeiten der ersten »Gastarbeiterparlamente« vor 1990 hat sich natürlich auch die Zusammensetzung und Ausrichtung vieler Ausländerbeiräte geändert und die Gremien sind »bunter« geworden. Zwar sind nach wie vor Menschen türkischer Herkunft in den Beiräten sehr stark vertreten, doch zunehmend mischen sich auch Menschen aus China, Russland, Osteuropa, Asien und Afrika politisch ein.

Bei allen Verschiebungen hat sich allerdings nichts am überethnischen, überparteilichen und überkonfessionellen Selbstverständnis der Gremien geändert. Ebenso wenig wie an der Aufgabenstellung: »Unser Einsatz gegen Diskriminierung und für Gleichberechtigung bleibt hochaktuell«, so AGAH-Vorstand Julius Gomes gegenüber »nd«.

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