Problem mit dem Eigenbedarf
Mietrecht
Nach dem Gesetz, § 573 BGB, kann der Vermieter kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, insbesondere, wenn er die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Hausstandes benötigt.
Eine Eigenbedarfskündigung darf nach der Rechtsprechung nicht treuwidrig, das heißt bei Vertragsabschluss vorhersehbar, oder rechtsmissbräuchlich sein, weil andere gleichwertige Wohnungen im Haus frei stehen. Natürlich dürfen die Gründe für die Eigenbedarfskündigung nicht vorgeschoben werden, um einen missliebigen Mieter loszuwerden oder um die Wohnung teurer neu zu vermieten. In den letzten Jahren hat die höchstrichterliche Rechtsprechung diese Grundsätze und Kriterien aber mehr und mehr aufgeweicht:
Vorhersehbarkeit
Vermieter müssen beim Abschluss des Mietvertrages nicht klären, ob sie oder ein Familienangehöriger in nächster Zeit die Wohnung für sich beanspruchen (Bundesgerichtshof, Az. VIII ZR 154/14). Hier hatte der Vermieter zwei Jahre nach Abschluss eines unbefristeten Mietvertrages den Mietern wegen Eigenbedarfs gekündigt, weil seine 20-jährige Tochter in die Wohnung einziehen wolle.
Das Landgericht Mannheim hatte den Eigenbedarf noch als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen. Der Vermieter hätte den nach kurzer Zeit eintretenden Eigenbedarf vorhersehen und die Mieter entsprechend informieren müssen.
Der BGH sah das anders. Der Vermieter sei nicht verpflichtet, beim Vertragsabschluss eine sogenannte Bedarfsvorschau zu treffen.
Die Meinung, dass eine Kündigung rechtsmissbräuchlich sein kann, wenn zwischen Vertragsabschluss und Kündigung weniger als fünf Jahre liegen, hatte der BGH schon 2013 aufgegeben. Ändert sich die Lebensplanung des Vermieters oder des Familienangehörigen, zu dessen Gunsten Eigenbedarf ausgesprochen wird, ist die Kündigung auch nach drei Jahren Mietzeit wirksam (BGH, Az. VIII ZR 233/12).
Vorgeschoben
Ein Chefarzt aus Hannover kann eine Wohnung in Berlin kündigen, weil er sich hier alle zwei Wochen mit seiner in Berlin bei der Mutter lebenden Tochter treffen will. Dass der Kündigung Streitigkeiten über verschiedene mietrechtliche Fragen vorangegangen waren und dass die Wohnung nicht dauerhaft als Wohnung genutzt werden sollte, interessierte nicht. Die Mieterin musste ausziehen (Bundesverfassungsgericht BVerfG, Az. 1 BvR 2851/13).
Familienangehörige
Der Kreis derjenigen, für die Eigenbedarf geltend gemacht werden kann, wird immer weiter gezogen. Auch die Nichte des Vermieters gehört dazu (BGH, Az. VIII ZR 159/09). Kündigt der Vermieter zugunsten seiner Tochter und deren Lebensgefährten, muss er den Namen des Lebensgefährten nicht mehr mit angeben (BGH, Az. VIII ZR 107/13).
Wohnungsnutzung
Die Nutzung der Räume als Wohnung ist nach der Vermieterkündigung nicht mehr zwingend erforderlich. Der Vermieter hatte ein berechtigtes Interesse, wenn die Ehefrau in der gekündigten Wohnung eine Anwaltskanzlei eröffnen (BGH, Az. VIII ZR 330/11) oder die Diakonie in der Wohnung Beratungsräume einrichten will (BGH, Az. VIII ZR 238/11) oder hier ein Au-pair-Mädchen untergebracht werden soll (BGH, Az. VIII ZR 127/08).
Was nach wie vor gilt
Steht während der Kündigungsfrist eine andere Wohnung des Vermieters im Haus oder in der Wohnanlage frei oder wird sie frei, muss sie dem gekündigten Mieter angeboten werden (BGH, Az. VIII ZR 78/10), hat der Vermieter seinen Eigenbedarf nur vorgetäuscht, muss er Schadensersatz zahlen (BGH, Az. VIII ZR 231/07).
Aus: MieterZeitung, April 2015
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