Auf die Straße gegen TTIP

50 000 Teilnehmer zu Großdemonstration im Oktober in Berlin erwartet

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.
Mehr als 30 Organisationen fordern einen Stopp der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA.

Es läuft nicht schlecht für den Protest gegen die geplanten Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten (TTIP) und dem bereits verhandelten, aber noch nicht ratifizierten Abkommen mit Kanada (CETA). »Schon jetzt müssen die Verhandlungen anders gestaltet werden, als die EU-Kommission sich das vorgestellt hat«, sagte Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, zu den Erfolgen der bisherigen Proteste.

Jetzt gehen die Gegner einen Schritt weiter und rufen für den 10. Oktober zu einer Großdemonstration in Berlin auf. Ein Bündnis aus mehr als 30 Organisationen von Gewerkschaften, Kulturschaffenden, Umwelt- und Verbraucherschützern, kirchlichen Hilfswerken und Entwicklungsorganisationen fordert den Stopp der Verhandlungen. Durch die Abkommen drohten negative Auswirkungen auf viele Bereiche des Alltags, sie dienten allein der Absicherung der Wettbewerbsvorteile der USA, Kanadas und der EU. Rund 50 000 Teilnehmer werden erwartet, bisher sind fünf Sonderzüge geplant.

»TTIP geht nicht in die richtige Richtung«, erklärt Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied bei der Vorstellung des Bündnisses am Dienstag in Berlin. Und auch CETA, dessen Text als Blaupause für das Abkommen mit den USA gilt, mache nicht viele Hoffnungen. Zwar seien dort »schöne Worte zu Arbeitnehmerrechten« aufgeführt, aber »es gibt keinerlei Sanktionen«, so Körzell, Dabei hatten die Gewerkschaften sich lange zurückgehalten, doch je mehr Informationen öffentlich werden, desto klarer ist: Arbeitnehmerrechte stehen zur Disposition. »Wenn wir heute nicht für unsere Rechte einstehen, werden vielleicht morgen Errungenschaften des Sozialstaates zum ›nicht-tarifären Handelshemmnis‹ erklärt, etwa bei der Sonntagsarbeit« sagte Körzell.

Auch Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz, kritisiert die geplante regulatorische Kooperation. Demnach sollen Gesetzesvorhaben zukünftig eng zwischen den USA und der EU abgestimmt werden. »Wenn wir zukünftig etwa Umweltstandards verbessern wollen, dann werden die zuständigen Parlamente bestimmte Gesetzesinitiativen noch nicht mal zu Gesicht bekommen, weil sie als Handelshemmnis eingestuft werden«, so Weiger. Diese Pläne widersprächen »demokratischen Prinzipien«.

Für die Präsidentin der Hilfsorganisation Brot für die Welt, Cornelia Füllkrug-Weitzel, ist TTIP auch »ein Versuch, dem Welthandel einseitig die Regeln der reichen Industriestaaten aufzudrücken«. Zudem sei von realen Einkommensverlusten in Entwicklungsländern auszugehen.

Das Bündnis fordert stattdessen eine alternative Handels- und Investitionspolitik, die auf hohen ökologischen und sozialen Standards beruht und nachhaltige Entwicklung in allen Ländern fördert. Positive Wirkungen wie sie EU-Kommission, Arbeitgeberverbände und Bundesregierung versprechen, sehen die Kritiker nicht. »Außer«, so Zimmermann: »Der Protest vereint uns mit Verbänden, mit denen wir zuvor noch nie zusammengearbeitet haben.«

Parteien gehören explizit nicht zum Trägerkreis, allerdings unterstützen die LINKE, Die Grünen, Die Piraten und die ÖDP die Demonstration. Bei der SPD hat der ein oder andere Ortsverein den Aufruf unterschrieben, der Streit um TTIP schwelt in der Partei seit längerem. »Die SPD muss sich klar auf die Seite der TTIP-Kritiker stellen«, fordert Bernd Riexinger, Vorsitzender der LINKEN gegenüber »nd«. Stattdessen vertrete die SPD-Spitze die Interessen der Wirtschaft und der Industrie. So laviere Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in der Frage der Schiedsgerichte herum. Seine Versuche, diese »durch Umbenennung unangetastet zu lassen, ändern nichts an dem Problem«. Selbst wenn TTIP platze, CETA aber in Kraft trete, brauche ein Konzern nur einen Briefkasten in Kanada, um beispielsweise Deutschland wegen bestimmter Umweltstandards auf millionenfachen Schadenersatz zu verklagen, warnt Riexinger.

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