Von Trotha mit Mehrheit verabschiedet

Späte Besinnung: Münchner Stadtrat benennt Kolonial-General-Straße in Herero-Straße um

  • Rolf-Henning Hintze, München
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Tage einer Münchner Straße mit dem berüchtigten Namen General Lothar von Trotha werden demnächst ein Ende haben. Die rot-grüne Mehrheit des Münchner Stadtrats setzte zum Ende der vergangenen Woche gegen den Widerstand von CSU und FDP einen Beschluss zur Straßenumbenennung durch.
Die Straße in München wird damit künftig nicht mehr General Lothar von Trotha in Erinnerung rufen, den Urheber jenes Vernichtungsbefehls, mit dem er während des Herero-Krieges ausdrücklich anordnete, auch auf Frauen und Kinder zu schießen. Die Straße heißt künftig Herero Straße und erinnert damit an jenes afrikanische Volk, das von Trotha am liebsten ganz ausgelöscht gesehen hätte.
Mehr als drei Jahre hatten sich die hartnäckigen Bemühungen eines Stadtratsmitglieds der Grünen hingezogen, der Straße - die ihre Bezeichnung in der NS-Zeit erhalten hat - einen anderen Namen zu geben. Am Donnerstag der vergangenen Woche hatte Siegfried Benker sein Ziel schließlich erreicht: Geschlossen stimmten SPD und Grüne für den Antrag.

CSU blieb hartleibig
Die CSU machte in der Debatte klar, dass sie sowohl die Abschaffung des bisherigen Straßennamens als auch die Wahl des neuen Namens ablehnt. Ihr Fraktionsvorsitzender Hans Podiuk betonte, der Name der Straße gelte schon seit über zehn Jahren der gesamten Familie von Trotha und nicht mehr General Lothar von Trotha. Dieses Argument wird von vielen belächelt, schließlich kreuzt die Von-Trotha-Straße direkt die Waterberg Straße, so dass die Zuordnung eindeutig ist. Der CSU-Stadtrat sprach sich auch gegen den neuen Namen »Herero Straße« aus. Unter Berufung auf namentlich nicht genannte Wissenschaftler sagte Podiuk, den Herero würde vorgeworfen, ihrerseits einen Völkermord an den San begangen zu haben, lange bevor die Deutschen gekommen seien.
Als Sprecher der Grünen warf Siegfried Benker der CSU vor, die Herero zum Tätervolk machen zu wollen und von den deutschen Untaten abzulenken. Benker betonte, neben vielen anderen Wissenschaftlern habe das Münchner Stadtarchiv in einer Stellungnahme die Verbrechen an den Herero als Völkermord an gewertet.

Weitere Namen suspekt
Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) hatte sich im August 2004 in Namibia auf einer Gedenkfeier zum 100. Jahrestag der Entscheidungsschlacht am Waterberg öffentlich für den Völkermord entschuldigt. Wörtlich sagte die Ministerin damals: »Die damaligen Gräueltaten waren das, was heute als Völkermord bezeichnet würde - für den ein General Trotha heutzutage vor Gericht gebracht und verurteilt würde.«
Nach dem Stadtratsbeschluss übernimmt die Stadt München die Kosten für die Schilder mit den neuen Hausnummern. In München enthalten Nummernschilder immer auch den Namen der Straße.
Ursprünglich wollten die Münchner Grünen noch eine Reihe weiterer Straßennamen, die nach deutschen Kolonialpolitikern benannt sind, umbenennen, beispielsweise eine nach Reichkommissar Hermann Wissmann benannte Straße. Dafür fanden sie bei der Sozialdemokratie aber keine Unterstützung.

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