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Feiern für die Unabhängigkeit

In Katalonien wollen an diesem Freitag zwei Millionen Einwohner vor den Wahlen ein Zeichen setzen

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 3 Min.
Am katalanischen Nationalfeiertag »Diada« wird wie in den Vorjahren eine Massenmobilisierung für die Unabhängigkeit von Spanien stattfinden - zwei Wochen vor wegweisenden Parlamentswahlen.

301 Jahre, nachdem Barcelona am 11. September unter die spanische Krone fiel, sehen sich die Katalanen auf der Zielgeraden zur erneuten Unabhängigkeit. Am katalanischen Nationalfeiertag »Diada« werden sich schätzungsweise zwei Millionen Menschen symbolisch auf den »Weg in die katalanische Republik« machen - Katalonien hat 7,5 Millionen Einwohner. Denn an diesem Freitag beginnt auch der Wahlkampf für vorgezogene Neuwahlen. Sie sollen am 27. September in eine Volksabstimmung über die Sezession verwandelt werden. Dafür haben sich mehrere Parteien zur Unabhängigkeitsliste »Junts pel Sí« (Gemeinsam für das Ja) zusammengeschlossen.

»Junts pel Sí« hat auch die Unterstützung der zivilgesellschaftlichen Katalanischen Nationalversammlung (ANC) und der Kulturorganisation Ómnium Cultural, die immer wieder Großdemonstrationen organisiert haben und auch 2105 erneut die »Diada« anführen, damit aus »Katalonien ein neuer Staat in Europa« wird. Im Vorjahr zeichneten 1,8 Millionen Menschen ein riesiges V - das für Votar (Abstimmen) stand - in den katalanischen Nationalfarben ins Zentrum. Nun soll die zentrale Avinguda Meridiana auf ihren 7,1 Kilometern komplett mit Unabhängigkeitsbefürwortern gefüllt werden. Die Allee wurde dafür in 135 Abschnitte aufgeteilt, die Zahl aller Sitze im Parlament. Mehr als 450 000 Menschen haben sich schon vorab für die Choreografie registrieren lassen, gab der neue ANC-Chef Jordi Sànchez am Donnerstag bekannt. Er ist überzeugt, dass der Vorjahreserfolg noch übertroffen wird.

Auf der Unabhängigkeitsliste »Junts pel Sí« treten auch Persönlichkeiten zivilgesellschaftlicher Organisationen an. Auf Platz zwei kandidiert die frühere ANC-Präsidentin Carme Forcadell und auf Platz drei die Ómnium-Präsidentin Muriel Casals. Erst danach folgt der Präsident der katalanischen Regionalregierung, der nationalkonservative Artur Mas. Hinter ihm folgen Oriol Junqueras, der Chef der Republikanischen Linken (ERC), und Mitglieder kleinerer Parteien. Die starke ERC wurde erst von Forcadell und Casals auf die Einheitsliste gedrängt, auf der auch Fußballtrainer Pep Guardiola symbolisch auf dem letzten Listenplatz antritt.

Nicht auf der Liste stehen die linksradikalen Unabhängigkeitsanhänger der CUP. Sie wollen nicht mit der Demokratischen Konvergenz (CDC) von Mas antreten, weil sie diese für unsoziale Krisenpolitik verantwortlich machen. Doch es dürfte die CUP sein, die die Unabhängigkeitsbewegung für eine absolute Mehrheit braucht. Bei den Wahlen 2012 zogen mit 3,5 Prozent erstmals drei Parlamentarier ins Parlament ein. Nach Umfragen soll sie nun auf doppelt so viele Stimmen und auf bis zu neun Sitze kommen.

Ein verbindliches Unabhängigkeitsreferendum à la Schottland hat Madrid ausgeschlossen. Stattdessen wird implizit sogar mit dem Militär gedroht, sollte Katalonien sich einseitig abspalten. Verteidigungsminister Pedro Morenés antwortete auf die Frage eines Journalisten, ob die Streitkräfte dann ihrer Aufgabe nachkommen, die Einheit des Landes zu sichern: »Wenn alle ihre Pflichten erfüllen, wird es kein Vorgehen der Art geben, wie Sie es ansprechen.«

Spanien geht bereits strafrechtlich gegen Mas und Mitglieder seiner Regierung vor, da sie gegen das Verbot des Verfassungsgerichts im letzten Herbst das Volk befragt haben. Im Eilverfahren will die rechte spanische Volkspartei (PP) gegen den Widerstand der gesamten Opposition noch vor den Parlamentswahlen im Herbst die Verfassung ändern, um Strafmöglichkeiten auszuweiten.

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