Flüchtling

Personalie: Jérôme Valcke muss zum zweiten Mal den Fußballweltverband verlassen.

Wenn Jérôme Valcke von der Bildfläche verschwindet, bedeutet das nichts Gutes. Am Freitag sollte der 54-jährige Franzose in seinem Amt als Generalsekretär den Fußballweltverband FIFA in Moskau bei den Feierlichkeiten »1000 Tage bis zur WM« vertreten. Repräsentieren: Das ist eine Aufgabe, die dem smarten Lockenkopf, der vier Sprachen spricht, liegt. Nachdem nun aber am Donnerstagabend bekannt geworden war, dass er in einen weiteren Korruptionsskandal verstrickt sein soll, beurlaubte ihn sein Arbeitgeber.

Informiert hatte ihn die FIFA vermutlich schon vorher. Denn Valcke soll nie in Russland angekommen sein. Er ist auf der Flucht. Weil er sich im Zuge der Vergabe des Ticketingvertrags für die Weltmeisterschaften 2010 bis 2022 persönlich bereichert haben soll, wie die Zürcher Agentur JB Sports Marketing, die den Zuschlag erhalten hatte, am Donnerstag veröffentlichte. Und er ist auf der Flucht, weil die Justiz - in der Schweiz und den USA - gerade vehementer denn je gegen den Weltverband vorgeht.

Normalerweise hat Valcke, nach Joseph Blatter der zweite Mann im Staate FIFA und Intimus des Präsidenten, gar kein Problem mit großer Öffentlichkeit. Er ist ein Medienprofi. Seit 1984 arbeitete er als Sportjournalist beim französischen Fernsehen, ab 1991 bis 2002 in leitenden Funktionen. Nach einem Jahr bei der Sportrechteagentur Sportfive kam er zur FIFA - als Marketingdirektor.

2006 verschwand Valcke das erste Mal von der Bildfläche. Ein New Yorker Gericht urteilte, dass er rechtswidrig gehandelt hatte. Er musste zugeben, in Verhandlungen mit Sponsoren, gelogen zu haben, verteidigte dies aber als »normales Geschäftsgebaren«. Der Weltverband musste 60 Millionen Euro Strafe zahlen und entließ ihn: »Die FIFA kann ein solches Verhalten ihrer eigenen Mitarbeiter nicht einfach hinnehmen.«

Keine sechs Monate später lächelte Jérôme Valcke wieder in die Kameras. Präsident Blatter nahm ihn erneut in die FIFA-Familie auf: »Starke Leute holt man zurück.« Der eine Schritt zurück brachte Valcke zwei nach vorn: Er wurde Generalsekretär.

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