Nach der Wahl: Ermahnungen aus Brüssel und Berlin

EVP-Chef Weber pocht auf »Reformweg« / CSU-Politikerin Hasselfeldt droht mit Stopp der Kredit-Zahlungen / SPD-Politiker nennt Vorgaben für Regierungsbildung / Hollande gratuliert SYRIZA und fährt nach Athen

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Nach dem klaren Sieg der linken SYRIZA bei der Parlamentswahl in Griechenland kommen aus Europa die alt bekannten Signale: Die neue Regierung müsse sich an die Regeln halten und dürfe nicht von den zugesagten Vereinbarungen abrücken. Vor allem deutsche Politiker gefielen sich wieder in Ermahnungen.

Der Fraktionschef der konservativen Europäischen Volkspartei im Europaparlament, Manfred Weber, sagte, »wir erwarten von der künftigen Regierung absolute Vertragstreue«, sagte der CSU-Politiker - und pochte auf »die europäischen Spielregeln« sowie »den Reformweg«. SYRIZA-Chef Alexis Tsipras hatte im Wahlkampf erklärt, man wolle Wege suchen, die umstrittenen Auflagen der Gläubiger sozial abzufedern und eine rasche Schuldenerleichterung zu erreichen.

Ermahnend äußerte sich auch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, die davor warnte, dass die neue Athener Regierung von Zusagen abrücke, die im Gegenzug für das dritte Kreditprogramm gemacht wurden. »Andernfalls werden die Kredite nicht ausbezahlt«, drohte Hasselfeldt in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Der Vizepräsident des EU-Parlaments, der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff verlangte Geschwindigkeit bei der Umsetzung der Maßnahmen und sagte, die Regierungsbildung dürfe »nicht zu einem Tempoverlust« führen.

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Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende und Finanzexperte Carsten Schneider forderte Tsipras derweil zur Bildung einer »proeuropäischen« Koalition auf. Der SYRIZA-Chef sei »den Verhandlungen mit den Kreditgebern geläutert hervorgegangen und hat für seine Kehrtwende dennoch die Bestätigung der Wähler erhalten. Ich würde es begrüßen, wenn er dieses Mal eine Koalition der proeuropäischen Kräfte schmiedet«, sagte der SPD-Mann, der ebenfalls aufs Tempo drückte: »Es gilt jetzt keine Zeit mehr zu verlieren.«

Aus Brüssel waren ebenso solche Töne zu hören. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) und Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem gratulierten zwar zum Wahlsieg von SYRIZA, forderten im Kurznachrichtendienst Twitter aber zugleich eine rasche Regierungsbildung in Athen, damit die Fortsetzung des Gläubiger-Programms sich nicht verzögere.

Andere Signale setzte Frankreichs Staatschef François Hollande, der mit Tsipas am Wahlabend bereits telefonierte. Hollande nannte das Wahlergebnis bei einem Besuch in Marokko einen »beachtlichen Erfolg« für Tsipras und seine SYRIZA-Partei. Griechenland stehe »eine Periode der Stabilität mit einer soliden Mehrheit« bevor. Er kündigte einen Besuch in Athen an, der »zweifellos in den kommenden Wochen« stattfinde. Auch mit dem österreichischen Kanzler Werner Faymann gab es ein Telefongespräch. Beide gehören zu jenem Lager in Europa, das auch in der Vergangenheit für Kompromissbereitschaft gegenüber Athen plädiert hatte.

Glückwünsche bekam Tsipras unter anderem aus der deutschen Linkspartei und vom Generalsekretär der spanischen Podemos, Pablo Iglesias. »Die Griechen haben sehr klar gesagt, wen sie als Ministerpräsidenten wollen«, schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter. Auch in Portugal und Irland, wo wie in Spanien in den kommenden Monaten gewählt wird, wurde die Wahl in Griechenland mit Interesse verfolgt. Auch diese Länder sind in der Krisenpolitik zu harten Kürzungsmaßnahmen gezwungen worden, linke Parteien hatten sich dagegen ausgesprochen. nd/mit Agenturen

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