Der lange Schatten der IRA

Krisengespräche in der nordirischen Hauptstadt Belfast

  • Meike Stolp, Belfast
  • Lesedauer: 2 Min.
In Nordirland haben am Montag Krisengespräche begonnen, nachdem Regierungschef Robinson zurückgetreten ist.

Die Zeichen stehen wieder auf Krise in Stormont, dem Sitz der nordirischen Regionalregierung in Belfast. Dort sollen in den kommenden Wochen die am Montag begonnenen Gespräche zwischen den probritischen und den proirischen Parteien sicherstellen, dass das 1998 nach dem Karfreitagsabkommen entstandene politische System, das beiden Seiten Regierungsbeteiligung zugesteht, in Kraft bleibt. Das Gleichgewicht war massiv gestört worden, als Regionalregierungschef Peter Robinson von der protestantischen Democratic Unionist Party vor zwei Wochen zurücktrat, weil die Irisch Republikanische Armee (IRA) weiterhin im Untergrund bewaffnet agieren soll. Auslöser für die neuerliche Krise war im Mai die Ermordung des einstigen IRA-Kämpfers Gerard »Jock« Davison. Der ehemals wichtige Kommandant unterstützte die Parteilinie Sinn Feíns als politischer Arm der IRA nach Unterzeichnung des Friedensabkommens, das den 30-jährigen Bürgerkrieg beendete. Er war das höchstrangige IRA-Mitglied in Belfast, das seit 1998 getötet worden ist. Im August dann wurde ein weiterer Ex-IRA-Mann ermordet, ein führendes Mitglied der Abspaltung Provisional IRA (PIRA), der seit langem in einen Disput mit Davison verwickelt gewesen sein soll.

Die Nachwehen der ungeklärten Morde und die Diskussion um eine wiederbewaffnete IRA zwangen auch London zum Eingreifen. Doch die britische Regierung setzt nicht auf Parlamentsauflösung, sondern auf Verhandlungen. Die zuständige Ministerin Theresa Villiers warnte deshalb die Politiker, die seit Montag an den Krisengesprächen in Belfast teilnehmen, die Chance zur Klärung des Konflikts nicht verstreichen zu lassen. »Die politischen Anführer Nordirlands haben große Dinge in den vergangenen 20 Jahren geschaffen, indem sie zusammengearbeitet haben. Derselbe Geist muss nun auch in diese Gespräche eingebracht werden.«

Bis Mitte Oktober soll außerdem ein Bericht fertiggestellt werden, der die Rolle paramilitärischer Operationen in Nordirland unter die Lupe nimmt. In Auftrag gegeben wurde er von der britischen Regierung. Der Report soll helfen, die Gespräche in Belfast zu einem Ende zu führen. »Die jüngsten Ereignisse haben die anhalten Auswirkungen und das Vermächtnis der paramilitärischen Organisationen in Nordirland noch einmal hervorgehoben. Dieses Problem muss dringend in Angriff genommen werden«, erklärte Villiers die Position Londons.

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