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Steuergeschenke für Konzerne

Kritik von links am Budgetentwurf 2016 der französischen Regierung

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Der von der Regierung verabschiedete Etatentwurf 2016, den die Nationalversammlung jetzt debattiert, ist die letzte Chance für Präsident Hollande, seine Wirtschafts- und Sozialpolitik zu korrigieren.

Die letzte Chance vor den Präsidentschaftswahlen 2017 sei mit diesem Budgetansatz vertan worden, schätzen der linke Flügel der regierenden Sozialistischen Partei, die Linksfront aus Kommunisten und Partei der Linken sowie die meisten Gewerkschaften ein: Während sich für die arbeitenden Franzosen die anhaltende Maßhaltepolitik immer stärker bis in die tagtägliche Kaufkraft der Haushalte bemerkbar macht, wird die Politik der Steuergeschenke an die Unternehmer fortgesetzt, obwohl das dadurch erwartete Wirtschaftswachstum ausbleibt und sich die Unternehmer entsprechend weiter um die anfangs vage in Aussicht gestellte Schaffung neuer Arbeitsplätze drücken. Trotzdem werden ihnen im kommenden Jahr wieder insgesamt 33 Milliarden Euro in Form von Abstrichen bei Steuern und Sozialabgaben sowie durch verschiedene direkte Beihilfen zugeschanzt. Die 2016 erwarteten Einnahmen des Staates aus der Unternehmenssteuer werden sich dagegen laut Budget nur auf 32,9 Milliarden Euro belaufen.

Zu den nicht eingelösten Versprechen der Vergangenheit kommen neue Mogeleien. Während die Regierung vollmundig behauptet, sie habe die Staatsausgaben »im Griff«, steigen sie laut Etatentwurf um neuerliche 8,5 Milliarden Euro. Nur das Tempo der Ausgabensteigerung wird etwas gedrosselt. Auch die Aussage, dass die Steuern sinken, hält der Überprüfung nicht stand. Sie bleiben lediglich konstant bei 44,5 Prozent des Bruttosozialprodukts. Die Neuverschuldung des Staates fällt wie angekündigt tatsächlich geringer aus als im laufenden Jahr. Sie sinkt allerdings nur von 73 auf 72 Milliarden Euro, was bei den Gesamtausgaben von 375 Milliarden Euro nicht besonders ins Gewicht fällt. Die Neuverschuldungsrate soll damit 2016 nur 3,3 Prozent des BIP betragen - also immer noch höher als die EU-Vorgabe von drei Prozent. Im laufenden Jahr dürften es 3,8 Prozent werden. Damit ist Frankreich heute mit 2105 Milliarden Euro verschuldet, was 96,5 Prozent des Bruttosozialprodukts entspricht.

Was den einzelnen Ministerien 2016 zur Verfügung steht, zeugt von ihrem Stellenwert in den Augen der Regierung. Armee, Polizei und Justiz bekommen mehr Geld und Personal. Der Volksbildung stehen 500 Millionen Euro mehr zur Verfügung als 2015. Der Kultur werden nach einigen Jahren strengen Sparens 2016 immerhin 40 Millionen Euro mehr zuerkannt. Dagegen gehört zu den Ministerien, die den Gürtel noch enger schnallen müssen, auch das Umweltministerium, das sonst im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Klimagipfel in Paris gern besonders herausgestellt wird, 2016 aber mit 100 Millionen Euro weniger auskommen soll.

Das Landwirtschaftsministerium bekommt 140 Millionen Euro weniger; offensichtlich hat die Regierung deren verzweifelte Lage, an der vor allem Industrie und Handel schuld sind, nicht begriffen und keine Schlussfolgerungen aus den jüngsten Protestaktionen der Bauern gezogen. Genauso fragwürdig ist, dass ausgerechnet der Etat für das Arbeitsministerium um 150 Millionen Euro gekürzt wird - was sofort die Aussage von Hollande in Erinnerung ruft, dass im Mittelpunkt all seines Handelns der Abbau der Arbeitslosigkeit stehe. Doch Widersprüche und Rückzieher entdeckt man im Budgetentwurf zuhauf, manchmal bis in Details. So hat die Regierung etwa im Zusammenhang mit dem 2014 verabschiedeten Gesetz über den Energiewandel vor Monaten angekündigt, dass Unternehmen, die ihren Mitarbeitern Fahrräder zu Verfügung stellen, damit sie nicht mehr mit dem Auto zu Arbeit kommen, dafür eine finanzielle Beihilfe bekommen. Im Budgetentwurf ist diese Zusage stillschweigend unter den Tisch gefallen.

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