Kubas medialer Mikrokosmos

Demokratisierung der Medien in Kuba

  • Harald Neuber
  • Lesedauer: 3 Min.

Viele Augen sind auf das sozialistische Kuba gerichtet, seit US-Präsident Barack Obama und sein kubanischer Amtskollege Raúl Castro Ende vergangenen Jahres die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen angekündigt haben. Das hat auch Auswirkungen auf die Medien in dem Karibikstaat.

Die Öffnung der Medien in Kuba ist freilich kein neues Phänomen. In den vergangenen Jahren haben im kubanischen Journalistenverband UPEC wiederholt Debatten über notwendige Veränderungen in der Branche stattgefunden. Der 9. Kongress der UPEC Ende 2013 diente dabei der Generalabrechnung mit dem partei- und staatsnahen Diskurs, vor allem den der großen Zeitungen. Zugleich ist aber klar: Blätter wie die »Granma«, das Zentralorgan der Kommunistischen Partei Kubas, nehmen in Kuba längst keine den Diskurs bestimmende Rolle mehr ein. Dazu haben moderne Medien und das Internet beigetragen, das gerade mit Unterstützung Venezuelas ausgebaut wird. Zuletzt richtete die staatliche Telefongesellschaft Etecsa in Havanna und anderen Städten des Landes Hotspots ein.

Diese Entwicklung ist das letzte Kapitel einer medialen Öffnung, die schon in den 1980er Jahren begann, als Sendungen aus den USA auf Kassette oder Videotape ins Land kamen. Diese Transnationalisierung der Kommunikation hat Kuba verändert. Und was in den staatlichen Medien nicht zu erfahren ist, gerät über USB-Sticks in den Umlauf. Es gibt in Kuba Hunderte privat betriebener Blogs.

Kubanischen Medienschaffenden, die sich selbst als »unabhängige Journalisten« bezeichnen, geht das freilich nicht weit genug. Auf Einladung der Akademie des Auslandssenders Deutsche Welle wurden unlängst einige von ihnen nach Berlin eingeladen, um über die Neuerungen in der kubanischen Medienlandschaft zu sprechen. Pablo Díaz, der von Madrid aus das regierungskritische Portal Diario de Cuba betreibt, führt neue Freiräume zwar auch auf das Internet zurück. Die eigenen Inhalte verbreitet Díaz über halbstaatliche Verteilerlisten. Er sagt: »Das Gefühl von mehr Freiheit liegt vor allem an den neuen Medien.« Rosa Múñoz, die als kubanische Journalistin bei der Deutschen Welle arbeitet, konstatierte die langsame Öffnung der staatlichen Medien hin zu mehr Pluralität. Auch sie bestätigt aber, dass Missstände, etwa beim Hochschulzugang, über Mediendebatten ausgeräumt werden konnten.

Die politische Instrumentalisierung der Medienfrage in Kuba wurde bei der Deutschen-Welle-Akademie durch die Einengung des Themas deutlich. Dazu drei Beispiele. Mehr Pluralität der staatlichen Medien in Kuba wird inzwischen am lautesten von staatlichen Journalisten gefordert. Auf »nd«-Nachfrage sagt der Blogger und Kulturfunktionär Iroel Sánchez, das Internet habe ihn und seine Kollegen zu mehr Aktualität und Leserkontakt gezwungen. »Die Medien müssen sich aber weiter ändern«, so Sánchez, »um die Themen des Staates und der Gesellschaft besser abzubilden, um die Inhalte einer immer aktiveren Blogosphäre aufzugreifen und um die politische Beteiligung zu stärken.«

Zweitens waren es in den vergangenen Jahren nicht nur Onlinemedien, die Debatten in Kuba angestoßen haben, sondern eher Künstler, vor allem Musiker und Schriftsteller. Die Orientierung auf die Blogosphäre scheint eher der politischen Schwerpunktsetzung im Westen geschuldet: Onlinemedien werden in den USA und Europa als Chance gesehen, die politische Agenda in Kuba zu beeinflussen.

Und das führt zum dritten Punkt: die externe Finanzierung vieler sich unabhängig nennender kubanischer Medien. So erhält beispielsweise Díaz Geld von halbstaatlichen Organisationen aus dem Ausland, darunter mehr oder weniger direkt aus den USA. Mitglieder der Redaktion von Diario de Cuba wurden nach Angaben der »New York Times« in der US-Vertretung in Havanna geschult. Diese Unterstützung wird jedoch auch in den USA im Zuge der Annäherung zunehmend hinterfragt. Die »New York Times« konstatierte Ende 2014, verschiedene US-Regierungen hätten in 18 Jahren 264 Millionen US-Dollar für politische Programme in Kuba investiert. »Diese Fonds waren ein Magnet für Scharlatane, Schwindler und das Scheitern gut gemeinter Absichten.«

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