Ausschluss wegen Anzeige
Klinikkonzern Helios will Betriebsrätin loswerden
Der private Krankenhauskonzern Helios geht gegen eine Betriebsrätin im Klinikum Salzgitter vor. Das Betriebsratsmitglied »Jana« (Die Frau möchte anonym bleiben) unterstützte im April 2015 eine Krankenschwester beim Verfassen einer sogenannten Gefährdungsanzeige. Damit weisen Beschäftigte gegenüber ihrem Unternehmen darauf hin, dass die Arbeit wegen akuter Überlastung nicht mehr ordnungsgemäß zu erfüllen ist.
Hintergrund der Anzeige war, dass aufgrund eines Krankheitsausfalls die Krankenschwester zusammen mit einer Auszubildenden für 34 Patienten in der Nachtschicht zuständig war. Die notwendige Pflege der Patienten war nicht möglich. Während der Betriebsrat in dieser Sachlage aktiv wurde, soll die Pflegekraft den Wunsch geäußert haben, die Gefährdungsanzeige fallen zu lassen. Das sei jedoch laut ver.di erst nach einem Gespräch mit der stellvertretenden Pflegedienstleitung geschehen. Da der Betriebsrat dennoch von einer Gefährdung aufgrund des Personalmangels ausging, ging das Schreiben ans Gewerbeaufsichtsamt. Infolgedessen warf Helios »Jana« vor, widerrechtlich die Gefährdungsanzeige weitergeleitet zu haben, und beantragte im Juli 2015 ihren Ausschluss aus dem Betriebsrat beim Arbeitsgericht Braunschweig. Die Verhandlung ist für den 3. November angesetzt.
Ver.di bezeichnete das Vorgehen von Helios als »unverantwortlich«. Der Betriebsrat sei dazu verpflichtet, auf solche Missstände zu reagieren. »Diese massive Belastungssituation ist kein Einzelfall bei Helios«, sagt Michael Dehmlow vom ver.di-Fachbereich Gesundheit und Soziales. »Helios schafft ein Klima, in dem jeder mundtot gemacht werden soll, der Kritik ausübt.«
Bei einem von ver.di durchgeführten Personalcheck im Jahr 2013 wurden bundesweit etwa hundert Krankenhäuser untersucht. Heraus kam ein gravierender Personalmangel an deutschen Krankenhäusern: 162 000 fehlende Stellen insgesamt, 60 000 davon allein in der Pflege. Die Gewerkschaft fordert, ein Verhältnis von Pflegekraft zu Patient von eins zu zwei auf Intensivstationen und von eins zu fünf auf Normalstationen zu gewährleisten, erklärt Dehmlow.
Der Konzern Helios weist dagegen in einer Erklärung darauf hin, dass die Gefährdungsanzeige ohne Einverständnis der Krankenschwester erfolgte und widerrechtlich sei. Helios wirft der Betriebsrätin vor, nicht die Interessen der Mitarbeiter zu berücksichtigen, sondern, »dass hier Interessen vorliegen, die sich jedenfalls nicht mit den Aufgaben eines Betriebsratsmitglieds decken«. Obwohl Helios betont, dass das »Recht des Betriebsrates, vermeintlichen Missständen nachgehen zu dürfen, natürlich unberührt bleibt«, macht man nicht deutlich, wie dieses Recht einzufordern ist. Genauso wenig präsentiert Helios konkrete Maßnahmen gegen den bestehenden Personalmangel im Klinikum Salzgitter und in anderen Kliniken. Beispielsweise an der Berliner Charité waren Beschäftigte im Sommer für eine tarifvertragliche Regelung für einen Personalschlüssel in den Streik getreten.
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