Einigung auf Abschiebezonen? SPD dementiert ein bisschen

Bundesinnenminister hatte von grundsätzlicher Übereinkunft gesprochen / Bericht: de Maizière und Maas steuern auf »umfriedete Zentren« im grenznahen Bereich

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Berlin. In der Großen Koalition herrscht beim Thema der umstrittenen Abschiebezonen an den Landesgrenzen offene Konfusion. Während Bundesinnenminister Thomas de Maizière von der CDU am Freitag erklärte, die Regierungspartner hätten sich im Grundsatz auf die Einrichtung umstrittener Transitzonen für Flüchtlinge geeinigt, wurden Quellen aus dem Umfeld von SPD-Chef Sigmar Gabriel mit den Worten zitiert, es werde keine Transitzonen in der Bundesrepublik geben. Justizminister Heiko Maas wurde von Spiegel online mit dem Satz wiedergegeben, »wir haben uns darauf verständigt, dass es keine Haftzonen an deutschen Grenzen geben wird«.

Das ist nicht notwendigerweise ein volles Dementi einer Grundsatzeinigung – schließlich, so Maas, könnten Asylanträge beschleunigt »auch in bereits bestehenden oder im Aufbau befindlichen Einrichtungen« geprüft werden. »Es müssen also nicht per se neue Einrichtungen geschaffen werden«, so der SPD-Politiker. Die Zeitungen des Redaktionsnetzwerkes Deutschland hatten zudem berichtet, de Maizière und Maas seien einer Einigung näher gekommen – diese beinhalte im grenznahen Bereich »umfriedete Zentren«, so die Zeitungen, in denen schnell entschieden werden soll, welche Flüchtlinge eine Bleibeperspektive in Deutschland haben und welche nicht. Flüchtlinge, die ohne die dortige Registrierung im Bundesgebiet angetroffen werden, sollen dorthin zurückgebracht werden. Was »umfriedete Zentren« von »Haftzonen« unterscheiden soll, blieb offen.

Der SPD-Vizevorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel sagte im Kurznachrichtendienst Twitter, er »kenne keine Einigung« auf die umstrittenen Transitzonen. Er könne sich »auch nicht vorstellen, wie sie aussehen sollte«. Dem Bundesinnenminister empfahl Schäfer-Gümbel die Konzentration auf die Umsetzung der bereits beschlossenen Maßnahmen. Sein Vorstandskollege Ralf Stegner fragte auf Twitter, »was sind eigentlich grenznahe Transitzonen? Richtig: Exterritoriale Internierungslager für Flüchtlinge«.

De Maizière hatte erklärt, die Koalitionspartner seien sich »einig, dass wir möglichst frühzeitig schon an der Grenze ein schnelles Verfahren entwickeln bei denjenigen, von denen anzunehmen ist, dass ihre Anträge unzulässig oder offensichtlich unbegründet sind«. Details »dieser Einigung« seien aber »weiter im Gespräch«. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, dessen CSU die Idee zu den Abschiebezonen aufgebracht hatte, frohlockte bereits: »Jetzt wird Punkt für Punkt umgesetzt, was wir zur Begrenzung des Flüchtlingszustroms für nötig halten.« Er wiederholte seine Forderung, »dringend Transitzonen« einzurichten, »um die Asylverfahren zu beschleunigen und Asylmissbrauch schnellwirksam einzudämmen«.

De Maizière hatte Anfang Oktober einen ersten Entwurf dazu vorgelegt und die Ressortabstimmung gegeben. Vorgesehen war darin, Flüchtlinge vor der Entscheidung über die Einreise nach Deutschland in Transitzonen an der Landgrenze bis zu eine Woche festzuhalten, ihr Asylgesuch im Schnellverfahren zu prüfen und sie bei einem Nein direkt von der Grenze aus wieder in die Heimat zurückzuschicken. Die SPD hatte sich bisher jedoch gegen die Pläne gesperrt und beklagt, der Plan setze voraus, dass ein Flüchtling formal in Haft genommen würde. Die Opposition im Bundestag, Menschenrechtler und Flüchtlingsorganisationen hatten mit scharfer Kritik auf die Pläne reagiert.

Derweil haben sich 71 Prozent der Bundesbürger in einer Umfrage für die Einrichtung der politisch höchst umstrittenen Transitzonen ausgesprochen. Agenturen/nd

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