Linksfraktion wählt neue Vizechefs

Jan Korte und Heike Hänsel steigen als Stellvertreter in der internen Hierarchie auf

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
In der Führung der Linksfraktion müssen einstige Kontrahenten aus unterschiedlichen Parteiflügeln zueinanderfinden.

Jan Korte und Heike Hänsel sind die neuen persönlichen Stellvertreter der Linksfraktionschefs Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht. Bei der Fraktionssitzung am Dienstag erhielt Korte, der bislang als Leiter des Arbeitskreises Demokratie, Recht und Gesellschaftsentwicklung Fraktionsvize war, 64,4 Prozent der Stimmen. Für Hänsel stimmten 69,5 Prozent. Sie war bisher entwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion. Petra Sitte wurde als Parlamentarische Geschäftsführerin wiedergewählt.

Unter den Fraktionsvizes, zu denen auch die sechs Arbeitskreisleiter zählen, dürften Korte und Hänsel als enge Vertraute von Bartsch beziehungsweise Wagenknecht eine herausgehobene Rolle spielen. Zudem wurde der Flügelproporz berücksichtigt. Korte gehört den Linksreformen an. Heike Hänsel steht der Antikapitalistischen Linke nahe. Nun müssen sie trotz ihrer unterschiedlichen Positionen in vielen Bereichen einen Konsens finden.

Ursprünglich war statt Hänsel die Außenpolitikerin Sevim Dagdelen für einen der Stellvertreterposten im Gespräch gewesen. Sie war Wagenknechts Wunschkandidatin. Doch gegen Dagdelen gab es in Teilen der Fraktion große Vorbehalte. Letztlich wollte sie sich deswegen nicht mehr zur Wahl stellen. Dagdelen war im vergangenen Jahr unter anderem mit dem damaligen Fraktionsvorsitzenden Gregor Gysi sowie den Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger aneinandergeraten. Diese hatten sich in einer Pressemitteilung von Dagdelen distanziert, weil sie die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt »als Verbrecherin dargestellt« habe. Die LINKE-Abgeordnete hatte dies indirekt getan, weil sich Göring-Eckardt verharmlosend über die Gefahren des Neofaschismus und Antisemitismus in der Ukraine geäußert hatte.

Außerdem hatte Dagdelen einige ihrer Fraktionskollegen heftig kritisiert, nachdem diese im Herbst 2014 für ein Vorgehen der UN gegen die Terroristen des Islamischen Staats geworben hatten. Darunter war auch Korte. Gysi warf Dagdelen daraufhin Falschbehauptungen sowie eine Schädigung des Rufs der Partei und Fraktion vor.

Mit ähnlichen Vorwürfen sah sich auch Heike Hänsel im vergangenen Jahr konfrontiert. Sie hatte an einer Runde mit den Journalisten Max Blumenthal und David Sheen im Fraktionssaal der LINKEN teilgenommen, bei der über den Nahostkonflikt diskutiert wurde. Gysi lehnte ebenso wie die Fraktionsmehrheit die Veranstaltung ab. Blumenthal und Sheen verfolgten ihn nach einem Wortgefecht bis zu einer Toilette im Bundestag. Nach diesem Vorfall wurden die Teilnehmer der Runde, Hänsel, Annette Groth, Inge Höger und Claudia Haydt, von einigen Abgeordneten und Funktionären der LINKEN dazu aufgerufen, »keinen Personen oder Organisationen, welche die Shoah relativieren oder das Existenzrecht Israels in Abrede stellen, eine Plattform zu bieten«. Sie sollten zudem aus den Vorfällen Konsequenzen ziehen.

Im Unterschied zu Dagdelen, die bei ihren Konflikten mit Gysi weiter auf Konfrontation gesetzt hatte, entschuldigten sich Hänsel und ihre Kolleginnen beim damaligen Fraktionsvorsitzenden. In einem Medienbericht wurde nun lobend erwähnt, dass Fraktionsmitglieder mit Hänsel trotz unterschiedlicher Positionen immerhin reden könnten.

- Anzeige -

Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser*innen und Autor*innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Dank der Unterstützung unserer Community können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen

Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.

- Anzeige -
- Anzeige -