Schluss mit freundlich
Bundesinnenministerium lässt syrische Flüchtlinge wieder abschieben
Berlin. Die deutsche Politik hat die Episode des freundlichen Gesichts gegenüber Flüchtlingen beendet. Wie am Dienstag ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte, wird das so genannte Dublin-Verfahren wieder für alle Herkunftsländer und alle EU-Staaten außer Griechenland angewendet. »Das gilt auch für syrische Staatsangehörige, seit dem 21. Oktober«, fügte er hinzu. Das heißt: Syrische Kriegsflüchtlinge müssen damit rechnen, aus Deutschland wieder in das Land abgeschoben zu werden, aus dem sie eingereist sind. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge prüfe in jedem Einzelfall alle Aspekte für einen so genannten Selbsteintritt Deutschlands, also die Übernahme eines Flüchtlings ins nationale Verfahren. Der Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Hans-Jürgen Weise, und die SPD-Spitze zeigten sich überrascht.
Mitte September hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Entscheidung, die Grenzen für syrische Asylbewerber zu öffnen, gegen Kritik aus der eigenen Partei und der CSU verteidigt: »Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land.«
Die Mitteilung aus dem Bundesinnenministerium bedeutet eine neuerliche 180-Grad-Wendung - und zwar offenbar bereits seit 14 Tagen. Sie reiht sich in die Versuche von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ein, die Asylpraxis zu verschärfen.
Die Europaabgeordnete Ska Keller (Grüne) hat unterdessen der Flüchtlingspolitik der EU ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. »Herkunfts- und Transitländer sollen dafür sorgen, die Flüchtlinge aufzuhalten. Das ist weder mit Menschenrechten vereinbar noch mit der wirklichen Bekämpfung von Fluchtursachen«, sagte sie im nd-Interview. nd Seiten 2 und 4
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