Alle am Tisch - außer Flüchtlingen

Beim EU-Afrika-Gipfel auf Malta vertreten Hilfsorganisationen die Interessen der Migranten

  • Katja Herzberg, Valletta
  • Lesedauer: 3 Min.
Nichtregierungsorganisationen fordern die EU auf, beim EU-Afrika-Gipfel in Valletta nicht nur die Grenzsicherung voranzutreiben.

Sie sind zum Zuschauen verdammt, haben jedoch allerhand Vorschläge, wie Europa und Afrika die drängenden Migrationsfragen beantworten sollten. Viele davon sind nicht neu. Doch zivilgesellschaftliche Vertreter beider Kontinente befürchten, dass sie auch nach dem zweitägigen Gipfel in Malta nicht umgesetzt werden.

Die Bilder bleiben dieselben. Nicht nur jene von Menschen, die vor Glück weinen, wenn sie aus wackligen Schlauchbooten steigen. Oder die von an Stränden angespülten Leichen. Ebenso die des Händeschüttelns und der ernsten Mienen von Politikern. Nur eines wird auch beim Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs mit Vertretern afrikanischer Staaten und internationaler Organisationen in Valletta nicht zu sehen sein: Migranten, die mit am Tisch sitzen. Die, um die es bei dem Gipfel geht, dürfen auch hier nicht mitreden. Lediglich drei Vertreter von Nichtregierungsorganisationen sind als Beobachter an den Beratungen zugelassen.

Sie waren es, die bei einer Konferenz die Flüchtlinge und ihre Bedürfnisse ins Zentrum stellten. Kurz vor Beginn des Gipfels am Mittwochnachmittag forderten Unterstützer von Flüchtlingen die Staatenlenker auf, Menschenrechte einzuhalten und mehr zu tun, als nur Beschlüsse zur Grenzsicherung zu fassen. »Wenn wir wirklich Leben retten wollen, müssen wir den Menschen Möglichkeiten zur legalen Einreise geben«, sagte Matteo de Bellis von Amnesty International. Flüchtlinge könnten durch sogenannte Resettlement-Programme von sicheren Staaten aufgenommen werden. Sie könnten humanitäre Visa erhalten oder auf dem Weg der Familienzusammenführung aus Krisenregionen gerettet werden. »Die Lösungen liegen auf dem Tisch, aber es fehlt der politische Wille, sie umzusetzen«, so Iverna McGowan von Amnesty. »Die EU-Staaten halten an ihrer verfehlten Strategie der Grenzschließung fest«. Den Vorwurf, die EU wolle in Valletta vor allem ihre Abschottung für Migranten und Flüchtlinge vorantreiben, erhob auch Oxfam. Sarah Tesorieri forderte, dass Lösungen gefunden werden müssten für Menschen, »nicht für Grenzen«. Die Erklärungen der Staats- und Regierungschefs werden schöne Worte enthalten. Aber die harten Realitäten bleiben. »Die EU muss sich entscheiden. Bleibt sie bei ihrem Motto ›security first‹, riskiert sie ihre Rolle als Garant für Menschenrechte weltweit«, so Tesorieri. Auch sei unklar, wofür die Mittel aus dem 1,8 Milliarden Euro schweren Treuhandfonds, der an diesem Donnerstagmorgen unterzeichnet werden soll, eingesetzt werden. Die EU beschließe bereits den fünften Aktionsplan zum Thema, aber Ergebnisse fehlten. Stattdessen stehe zu befürchten, dass in Valletta weitere »intransparente und gefährliche« bilaterale Abkommen geschlossen werden.

Auch Vertreter der afrikanischen Zivilgesellschaft fordern einen umfassenden Ansatz. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex werde unterstützt, statt das Geld in die Länder zu geben, für den Ausbau von Bildung und demokratischer Teilhabe, beklagt Odile Faye vom Netzwerk Zivilgesellschaft Migration und Entwicklung (MADE). Sie präsentierte eine Deklaration, die Vertreter zahlreicher Organisationen aus ganz Afrika verfasst haben. Diese fordern unter anderem, die Fluchtursachen wie Krieg und Konflikte zu beenden, Migration als Teil von Entwicklungshilfe zu nutzen, sichere Routen für Migranten zu öffnen, die innerafrikanische Migration zu erleichtern und die Zivilgesellschaft einzubeziehen. Faye betonte, dass Migration beiden Kontinenten nutze.

We are looking for life - Wir suchen nach Leben. Diesen Satz hat Katrine Camilleri schon so oft von Flüchtlingen gehört. Die Direktorin des maltesischen Jesuitischen Flüchtlingsdienstes ist sicher, dass sich jeder auf ein Flüchtlingsboot begeben würde, wenn er Krieg und Verfolgung nicht anders entkommen kann. Die Flüchtlinge suchten lediglich nach einer Perspektive für sich und ihre Familien. »Die Grenzsicherung mag wichtig sein, aber Menschen sind von größerer Bedeutung«, so Camilleri.

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