Neoliberaler Sachverstand
Simon Poelchau über das Jahresgutachten der Sachverständigen
Krisen bergen nicht nur Risiken, sondern meist auch Chancen, etwas elementar zu verändern, weil die Verhältnisse in diesen Zeiten im Fluss sind. So auch in der derzeitigen Krise der Flüchtlingspolitik. Ob rechte Einwanderungsgegner oder die Wohnungsbranche, alle machen derzeit »Vorschläge«, wie die gegenwärtige Situation zu meistern sei.
Da gibt auch der Sachverständigenrat gerne seine Ratschläge ab. Immerhin reihen sich die fünf Ökonomen zumindest nicht in die unsägliche »Das-Boot-ist-voll«-Rhetorik ein. Die steigende Anzahl hier ankommender Geflüchteter sei für den Staat zu bewältigen, sagen sie stattdessen. Dafür müssten die Geflüchteten aber schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden. Und hier zeigt der Rat seine neoliberale Seite. Er nutzt die Gunst der Stunde, um Stimmung gegen den Mindestlohn zu machen. Bis auf den Sachverständigen Peter Bofinger haben die »Wirtschaftsweisen« ihn noch nie gemocht. Jetzt sollen ihrer Meinung nach die Ausnahmen für Geflüchtete, Langzeitarbeitslose und Praktikanten ausgeweitet werden.
Was sie sich davon versprechen, ist nicht nur eine weitere Aushöhlung des Mindestlohns, sondern auch Tausende Geflüchtete als billige, gut ausbeutbare Arbeitskräfte. Denn in der Tat spricht aus ihnen Sachverstand - nämlich der neoliberale des Kapitals.
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