Der Minister rechnet lieber nach

Noch immer haben sich Hamburgs Olympiaplaner und der Bund nicht über eine Kostenbeteiligung geeinigt

  • Kristof Stühm und
 Nikolaj Stobbe, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Wer zahlt die Zeche? Kurz vor dem Ende des Referendums in Hamburg gibt es zwischen Stadt und Bund noch immer keine Einigung zur Kostenübernahme für Olympia.

Die Stadt Hamburg und die Bundesregierung ringen weiter um die Kostenübernahme für Olympische Spiele an der Elbe. Hamburg fordert vom Bund einen Zuschuss von 6,2 Milliarden Euro für die Großveranstaltung, doch Berlin ziert sich noch und rechnet nach. Kurz vor Ende des Olympiareferendums am Sonntag scheint der Bund nicht zufrieden mit Hamburgs Zahlen. Der Ausgang ist völlig ungewiss. »Es geht um viel Geld. Wir sind in guten Gesprächen«, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) diplomatisch über die zähen Verhandlungen. Der Bund werde den von Hamburg »vorgelegten Finanzplan, der ein umfassendes Stadtentwicklungskonzept bis 2040 beinhaltet, sorgsam prüfen«.

Hamburg will 2024 nicht nur die Olympischen Spiele ausrichten, sondern mit dem Rückenwind der Bewerbung einen ganz neuen Stadtteil bauen. Auf dem Kleinen Grasbrook, gegenwärtig eine Industriefläche des Hafens, soll das Herz des Olympiageländes mit dem Olympiastadion für 60 000 Zuschauer entstehen - und danach die so genannte OlympicCity. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) versichert immer wieder, dass sich die Hansestadt nur mit 1,2 Milliarden Euro an ihren Plänen beteiligen will - und pocht daher darauf, dass die restlichen 6,2 Milliarden aus Berlin kommen sollen.

Die Zeit zur Einigung drängt, bis Mitte Februar muss Hamburg die Garantien des Bundes beim Internationalen Olympische Komitee (IOC) hinterlegen. De Maizière will aber offenbar genau wissen, welche Kosten der allgemeinen Stadtentwicklung und welche nur Olympia zuzuordnen sind. Die »dafür notwendigen Unterlagen aus der Hansestadt« gingen im Innenministerium allerdings nur »sukzessive ein; einige wichtige Informationen stehen noch aus«, teilte das BMI dem WDR mit.

Hamburg plant offiziell mit dem größten Budget (11,2 Milliarden) aller Bewerberstädte. Zum Vergleich: Paris will angeblich »nur« etwa sechs Milliarden ausgeben. Finanzexperte Wolfgang Maennig kritisiert, dass Hamburg Olympia so stark als Motor der Stadtentwicklung nutzen will. »Allerdings: Wäre das Thema Stadtentwicklung nicht auf der Agenda, würden viele Hamburger wohl fragen: ›Was haben wir davon?‹«, sagte der Ruder-Olympiasieger und Volkswirt. Aus Sicht der Hamburger müssten neue U-Bahn-Stationen, Brücken und ein neuer Stadtteil entstehen, »sonst ist ›das nichts gewesen‹. Eigentlich grotesk, denn die Spiele an sich sind schon ein enormer Wert.«

Bürgermeister Scholz verteidigt derweil die milliardenschweren Pläne »Neun Jahre vor Olympia sind die Kosten so gut und präzise durchgerechnet wie nie zuvor«, sagte er. »Ich weiß, dass der Gesprächsprozess mit der Bundesregierung noch bis Anfang des nächsten Jahres dauern wird und muss. Es ist vernünftig, dass sich der Bund Zeit dafür nimmt.« Vor allem beim Thema Sicherheit befürchten Experten jedoch höhere Ausgaben.

Mit der Frage eines möglichen Misserfolges beim Referendum will sich de Maizière genauso wenig wie die Hamburger Olympiamacher auseinandersetzen. Bei ihnen lautet bis Sonntag die Devise: Stimmung machen, Augen zu und durch! SID/nd

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