Fast 100 Millionen Fahrgäste in Thüringer Bussen
Eigenständige Nahverkehrsunternehmen befürchten, künftig in die Rolle als Subunternehmen gedrängt werden
Erfurt. Die wirtschaftliche Situation der etwa 150 Busunternehmen in Thüringen ist gut. »Wir haben in diesem Jahr ein stabiles Geschäft, auch im Reiseverkehr«, sagte der Geschäftsführer des Verbandes Mitteldeutscher Omnibusunternehmen, Tilman Wagenknecht, am Dienstag in Erfurt. Die Branche in Thüringen befördert nach seinen Angaben jährlich fast 100 Millionen Fahrgäste im Nah- sowie Fernverkehr. Seit Sommer gebe es bei der Nachfrage nach Reisebussen eine Sonderkonjunktur durch viele Aufträge bei der Beförderung von Flüchtlingen. Die Branche in Mitteldeutschland trifft sich am Mittwoch und Donnerstag in Leipzig.
Im September und Oktober - ohnehin die Zeit, in der viele Reisebusse unterwegs sind - hätten die Busunternehmen quasi rund um die Uhr gearbeitet. Wagenknecht geht davon aus, dass auch in nächster Zeit weiter Bedarf besteht, Busse für die Beförderung von Flüchtlingen einzusetzen. Sorgen bereite der Branche die Terrorgefahr in Europa nach den Anschlägen von Paris. Die Diskussion über Grenzkontrollen innerhalb Europas sei Gift. Statt der klassischen Urlaubsreise gehe es inzwischen vor allem um Klassenfahren oder Mehrtagesreisen von Vereinen, Arbeitskollegen oder Familien. Im Trend lägen auch Kulturreisen oder Tagesausflüge - so derzeit zu Weihnachtsmärkten.
Das Gros des Geschäfts machten die Unternehmen jedoch im öffentlichen Nahverkehr. Da gebe es derzeit in den Betreiben einige Unsicherheiten, weil in den nächsten Jahren die Neuvergabe von Aufträgen anstehe. Der Verband und seine Mitglieder unterstützten zwar EU-Vorgaben, die zu mehr Wettbewerb führten. Es gebe aber die Sorge, dass Unternehmen, die derzeit noch weitgehend eigenständig den öffentlichen Nahverkehr organisierten, »künftig in die Rolle als Subunternehmen gedrängt werden«.
Als weiteres Problem nannte Wagenknecht die in fünf Jahren deutlich sinkenden Zahlungen des Bundes für den öffentlichen Nahverkehr an die ostdeutschen Länder. »Es gibt eine erhebliche Verschiebung der Mittel von Ost nach West.« Zu befürchten sei, dass das Angebot eingeschränkt und beispielsweise der Umstieg auf Elektrobusse verzögert werde. dpa/nd
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