Wer hat, dem wird gegeben

Kleinere Filmproduktionen könnten die Verlierer bei der Neuausrichtung der Filmförderung sein

  • Katharina Dockhorn
  • Lesedauer: 3 Min.

Von Katharina Dockhorn

Kulturstaatsministerin Monika Grütters feiert gerne die Erfolge deutscher Filme auf Festivals und lobt deren Bedeutung für die Kulturnation Deutschland. Doch gerade die Produzenten und Regisseure von Kunstwerken wie »Victoria« oder »Oh Boy« könnten bei der anstehenden Neustrukturierung der Filmförderung des Bundes unter die Räder geraten. Auch für das Studio Babelsberg ist die jetzt diskutierte Lösung nur ein erster Schritt.

Demnach sollen nur noch Filme von der automatischen Förderung durch den Deutschen Filmförderfonds (DFFF) profitieren, bei denen mindestens drei Millionen Euro ausgeben werden. Bislang lag das Mindestbudget bei einer Million Euro. Aus Grütters’ Haus hieß es auf nd-Anfrage, dass es Überlegungen für die Änderung der Vergaberichtlinie gäbe, die mit der Filmbranche diskutiert würden. Mit einer Entscheidung sei im Laufe des Jahres 2016 zu rechnen.

2015 entstanden mehr als 100 Filme mit finanzieller Unterstützung des DFFF, der 20 Prozent des Budgets zuschießt. Rund 40 Filme kosteten mehr drei Millionen Euro. Deren Produzenten erhielten aber mit rund 40 Millionen Euro den Löwenanteil aus dem mit 50 Millionen Euro gefüllten DFFF-Topf, der nun restlos ausgegeben ist. Zehn bis 15 Millionen Euro werden gerade vom Etat 2016 abgezweigt, damit geplante Drehs nicht platzen.

Die 50 Millionen werden auch 2016 nicht reichen. Um den Engpass zu beseitigen, könnten nun die Förderungen der niedriger budgetierten Filme gestrichen werden. Ihre Macher müssten dann bei der Kulturellen Filmförderung des Bundes anklopfen, die von Grütters um 15 Millionen Euro aufgestockt wird. Beide Förderarten unterscheiden sich in einem Punkt gravierend: Auf die Förderung des DFFF hat jeder Anspruch, über die Verwendung der Millionen aus der Kulturellen Filmförderung entscheiden Jurys. Das wird so bleiben.

Es ist absurd, dass ein kommerziell erfolgreicher Produzent wie Til Schweiger doppelte Planungssicherheit hat, weil er 20 Prozent des Budgets vom DFFF erhält und auf so genannte Referenzgelder von mehreren Hunderttausend Euro zurückgreifen kann, die er von anderen Förderinstitutionen automatisch für die verkauften Kinokarten erhält. Auf der anderen Seite müssen Regisseure wie Christian Petzold oder Andreas Dresen um jeden Cent bangen und fürchten, dass in ihre künstlerischen Entscheidungsprozesse eingegriffen wird.

Auf der Liste der 2014 von der Kulturellen Filmförderung des Bundes geförderten Filme finden sich beinahe ausschließlich künstlerisch wertvolle Nischenfilme. Die Förderkriterien dieser »Alternative« zum DFFF müssen daher verändert werden: Internationale Koproduktionen mit aufregenden Regisseuren aus aller Welt, mit denen sich die deutsche Filmbranche auf Festivals gerne schmückt, sind dort nicht vorgesehen. Und auch die Förderhöchstsumme je Film sollte erhöht werden. Ohne diese Veränderung geht der Mittelbau, die Filmemacher und Produzenten, die mit kleinen Budgets anspruchsvolle und unterhaltende Filme stemmen, unter.

Und das Studio Babelsberg? Es könnte Nutznießer der Umschichtung beim DFFF sein, wo knapp zehn Millionen Euro mehr zu verteilen wären. Im internationalen Vergleich sind das Peanuts - auch wenn man die zehn Millionen Euro aus Sigmar Gabriels »German Motion Picture Fund« addiert. Zum langfristigen Überleben braucht das Studio Steuererleichterungen, wie sie in Ungarn oder Großbritannien fließen.

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