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Kims Girlband tritt nicht auf

Die populäre Popband Moranbong aus Nordkorea bricht ihr Peking-Gastspiel ab

  • Lesedauer: 4 Min.

Im Streit beendet die Frauen-Pop-Band von Nordkoreas Diktator Kim Jong Un ihre Konzertreise in China noch vor dem ersten Auftritt. Ein Zeichen neuer diplomatischer Verstimmungen?

Peking. Die erste Auslandsreise der von Nordkoreas Diktator Kim Jong Un gegründeten Frauen-Popband Moranbong in China endete in einem diplomatischen Affront. Ein Konzert vor geladenen Gästen am Samstag in Peking musste nur wenige Stunden vor dem geplanten Beginn abgesagt werden, weil die Musikerinnen plötzlich ihre Koffer gepackt und sich per Flugzeug auf den Heimweg nach nach Pjöngjang gemacht hatten.

Als »Kim Jong Uns neueste Waffe« bezeichnen westliche Zeitungen die Band. Moranbong sei vielleicht das einzige, was der isolierte stalinistische Staat an »Soft-Power« aufzubieten habe. Zwar reisten die Musikerinnen in dicken Armeemänteln und mit rotem Stern auf den Fellmützen in Peking an - aber bei ihren Aufführungen tragen die 20 Schönheiten meist enge Kleider, kurze Röcke und hochhackige Schuhe: »Geradezu verführerisch für nordkoreanische Verhältnisse«, befand Hongkongs »South China Morning Post«. Chinas Staatsmedien schwärmten von »Girlpower« Morabongs.

Die erste China-Tour galt als politisch bedeutsam. Die Konzerte sollten als Beweis herhalten, dass in den frostigen Beziehungen zwischen China und Nordkorea Tauwetter aufzieht. Nach dem Machtantritt des jungen Militärführers Kim Jong Un 2012 war aus der historischen Freundschaft der ehemaligen Waffenbrüder ein eher angespanntes Verhältnis geworden. China ist vor allem über die Atomtests in der benachbarten Volksrepublik verärgert. Erstmals hatte sich im Oktober Besserung angedeutet, als Chinas Politbüromitglied Liu Yunshan als wichtigster Ehrengast an der Militärparade zum 70. Jahrestages des Kriegsendes in Pjöngjang teilnahm. Er gilt immerhin als die Nummer Fünf in der Hierarchie Pekings. Im Gegenzug sollten jetzt die drei Konzerte in China helfen, »das gegenseitige Verständnis und die Freundschaft zu verbessern«, wie Pekings Außenministerium mitteilte.

Wegen einer fehlenden Begründung für die plötzliche Abreise der Musikerinnen rankten sich nun wie gewohnt reichlich Spekulationen um den Kultur-Eklat. Ein chinesischer Journalist will erfahren haben, dass Chinas Zensoren eine Zeile Gesangstext geändert haben wollten, was für Streit gesorgt habe. Eine andere Version lieferte Südkoreas Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf chinesische Kreise: China habe aus Ärger über die Drohungen Kim Jong Uns mit einer Wasserstoffbombe am Donnerstag nur noch Parteiführer niedrigen Ranges zum Konzert geschickt. Überhaupt habe Nordkorea schon Präsident Xi Jinping oder Premier Li Keqiang bei der Aufführung sehen wollen und der China-Tour erst zugestimmt, als zumindest ein Politbüromitglied zugesagt worden sei. Als dann aber nur Parteiführer aus der zweiten Reihe kommen sollten, sei der Abbruch verfügt worden.

Von offizieller chinesischer Seite war nur von »Kommunikationsproblemen auf Arbeitsebene« die Rede. Es gab auch Spekulationen, dass Nordkorea empört über den Pressewirbel gewesen sein könnte. Besonders das Erscheinen von Hyon Song Wol in Peking sorgte für Aufsehen. Sie wird als Bandleader und ehemalige Freundin von Kim Jong Un beschrieben, der die Mitglieder der Frauentruppe persönlich ausgesucht haben soll.

Vor zwei Jahren gab es Gerüchte, Hyon Song Wol und andere seien hingerichtet worden, weil sie angeblich Sexvideos von sich aufgenommen und verkauft hätten. Doch 2014 trat die Musikerin quicklebendig wieder mit der Band auf - einmal mehr ein Beweis, dass längst nicht alle Gerüchte über Nordkorea geglaubt werden können. Bei ihrer Ankunft in Peking beantwortete Hyon Song Wol keine Journalistenfragen. Sie lächelte nur, bevor sie im Aufzug eines Luxushotels verschwand.

Die Frauenband gehört zum »Brot-und-Spiele«-Konzept des Machthabers Kim, der seiner Mittelschicht in Pjöngjang nicht nur einen Zoo mit Delfinarium, sondern auch Vergnügungsparks baut, während das völlig verarmte Volk auf dem Land nicht genug zu essen hat. Ihr Debüt gab die Band 2012 nach seinem Machtantritt. Es heißt, dass auch Kim Jong Uns Frau Ri Sol Ju einst mitgesungen habe. Sie sei heute die Förderin der Band.

Die Mischung aus Klassik und Pop mit E-Gitarre, Schlagzeug und Violine gilt als Nordkoreas Antwort auf den populären K-Pop Südkoreas. Nicht selten sind der Diktator und seine Frau bei den Konzerten in der ersten Reihe zu sehen. Zum Repertoire der Musikerinnen im Offiziersrang gehören nicht nur patriotische Hymnen oder Militärlieder, sondern auch Frank Sinatras »My Way« oder die Musik zum Film »Rocky« mit Sylvester Stallone.

Während die Frauentruppe bei ihren Shows mit Hüftschwung und choreographierten Tanzschritten schmissige Lieder auf der Bühne präsentiert, laufen bei ihren Auftritten auf der Leinwand dahinter häufig Propagandafilme: Rakete steigen in den Himmel, Panzer rollen, Truppen marschieren im Stechschritt oder die Mitglieder der Kim-Dynastie erscheinen, was jeweils großen Applaus des Publikums notwendig macht. Agenturen/nd

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