Chimanimani dürstet nach Wasser

Knappheit am blauen Gold schürte Konflikte, die erst ein Friedenskomitee beilegen konnte

  • Lukas Hartl
  • Lesedauer: 3 Min.

Schon bevor 2002 eine große Dürre die Region Chimanimani in Simbabwe heimsuchte, hatte Mary Makambe große Probleme, ihre Kinder zu versorgen. Als alleinstehender sechsfacher Mutter fiel es ihr ohnehin schwer, das Feld zu bewirtschaften, dann blieb auch noch der Regen aus. An vielen Tagen konnte sie ihren Kindern nur Waldfrüchte zum Essen geben. Da beschloss sie, etwas zu ändern: »Wir hatten eine extreme Trockenheit, sie führte zur Hungersnot. Etwas musste geschehen. Wir Dorfbewohner beschlossen, einen Kanal zu bauen, um mit dem Wasser vom Munyanyazi unsere Felder zu bewässern.«

In Marys Dorf Shinja in Chimanimani leben 80 Familien. Sie schlossen sich zusammen und erarbeiteten ein Konzept für den geplanten Bewässerungskanal. Das nötige Geld legten sie zusammen und innerhalb eines Jahres war die Arbeit gemeinsam vollbracht. Alle Familien im Dorf konnten nun ihre Felder bewässern. Die Lage schien sich zu verbessern, auch für Mary und ihre Familie. Doch die Situation kippte schlagartig im Jahr 2005, als sechs Familien am Oberlauf des Kanals den Wasserfluss für alle anderen blockierten, um alles auf ihre eigenen Felder zu leiten. Alle Bitten und Forderungen der anderen Dorfbewohner stießen auf taube Ohren. Auch die Behörden taten nichts. Offensichtlich standen einflussreiche Verbündete hinter den sechs Familien. Alle anderen lebten in zunehmender Armut, da der Regen immer wieder ausblieb.

Der Streit um das Wasser aus dem Kanal spaltete das Dorf. Anhänger unterschiedlicher politischer Gruppierungen instrumentalisierten den Konflikt für ihre Zwecke. Sie kamen von außerhalb nach Shinja, schlugen sich auf die eine oder andere Seite und heizten den Streit weiter an, es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Ein Riss ging durch die Gemeinde und die Angst war allgegenwärtig. Auch religiöse und staatliche Autoritäten bemühten sich immer wieder um eine Lösung, scheiterten dabei jedoch. Schließlich baten sie CELUCT, eine ebenfalls vom Weltfriedensdienst unterstützte und eng mit TSURO zusammenarbeitende Initiative in Chimanimani um Hilfe. Auf deren Vorschlag wählte die Gemeinde ein Friedenskomitee, dessen Mitglieder sich aus allen Interessengruppen des Bezirkes zusammensetzten. Sie wurden zunächst in Mediation und Dialogführung geschult und lernten, wie sie ihre Rolle als Vermittler ausfüllen können. Nach diesen umfangreichen Vorbereitungen begannen sie ihre Arbeit im Feld, um die zerstrittenen Familien zu unterstützen, einen Weg zu finden, das Wasser gerecht zu verteilen.

Zunächst verweigerten die sechs Familien, die den Zugang zum Wasser kontrollierten, die Mitarbeit. Das Friedenskomitee wurde sogar bedroht. Ihr geduldiges und unparteiisches Vorgehen brachte die sechs Familien, die den Streit ausgelöst hatten, letztlich doch dazu, an den Verhandlungen teilzunehmen. Auch sie hatten ein Interesse, die angespannte Situation im Dorf zu verbessern. Vor dem Gespräch wurden Regeln zum Ablauf vereinbart. Die unterschiedlichen Sichtweisen sollten gehört und respektiert werden und man wollte erst wieder auseinandergehen, wenn alle Beteiligten sich auf eine Lösung geeinigt haben. In langwierigen Verhandlungen wurde ein System vereinbart, das allen Familien einen fairen Anteil am zur Verfügung stehenden Wasser sicherte. Die Einigung wurde mit einem Vertrag und einem Fest besiegelt. Im ganzen Dorf brach Jubel aus über die den ersten Schritt für eine Versöhnung. Um das Ergebnis langfristig abzusichern, wurde ein Wasserkomitee gewählt, das zukünftig über die Verteilung des Wassers wacht.

Unser Autor ist Freiwilliger im sozialen Jahr bei der WFD-Öffentlichkeitsarbeit

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