Hoffnungsschimmer am Bogensee

Vielleicht kann der Verfall der einstigen Kaderschmiede der FDJ doch abgewendet werden

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.
Die einstige Jugendhochschule am Bogensee steht seit 15 Jahren leer. Ein geeigneter Käufer ließ sich nicht finden, nun will das Land Berlin als Eigentümer die Immobilie verpachten - Bewerber gibt es.

Dass der Komplex der früheren Jugendhochschule der FDJ am Bogensee trotz seiner idyllischen Lage 15 Kilometer nördlich von Berlin seit der Jahrtausendwende leer steht, hat viele Gründe. Zum einen ist die Immobilie, die zur Gemeinde Wandlitz (Barnim) gehört und mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zu erreichen ist, mit rund 16 Hektar riesig. Die denkmalgeschützten Henselmann-Bauten aus den 1950er Jahren zeigen inzwischen deutliche Verfallserscheinungen. Der bloße Erhalt der Anlage koste zwischen 150 000 und 250 000 Euro pro Jahr, hieß es im vergangenen Jahr.

Die Nutzung durch den DDR-Jugendverband mag manchen Interessenten genieren. Sehr viel schwerer wiegt aber wohl, dass auf dem Anwesen zuvor bereits Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels ein exklusives Landhaus besaß. Das Haus gibt es noch immer, und es steht im Verdacht, für Rechtextreme als Wallfahrtsstätte interessant zu sein.

Letzteres mag zu der Entscheidung der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) beigetragen haben, die schwer verkäufliche Immobilie langfristig an einen geeigneten Interessenten zu verpachten. Nach drei durch den BIM-Vorläufer Berliner Liegenschaftsfonds gestarteten Anläufen, einen Käufer für den mitten im Wald gelegenen Campus zu finden, ist ein Verkauf vom Tisch. »Die Situation hat sich in den vergangenen Jahren geändert«, sagte BIM-Pressesprecher Christian Breitkreutz am Dienstag dem »nd«. Man sei inzwischen zu der Einsicht gekommen, dass das Land über ein Pachtmodell dauerhaft Einfluss auf die Nachnutzung einer historisch so sensiblen Immobilie wie Bogensee nehmen könne. Dies wäre bei einem Verkauf nur in den ersten Jahren möglich gewesen. Es gebe derzeit mehrere Interessenten mit entwicklungsfähigen Konzepten, so Breitkreutz. Ohne ausstehenden Entscheidungsprozessen vorgreifen zu wollen, könne er sagen: »2016 wird sich mit Sicherheit etwas tun am Bogensee.«

Die Bürgermeisterin von Wandlitz, Jana Radant (parteilos), betrachtet die Ankündigung aus Berlin als positives Signal für den Erhalt des historischen Ensembles am Bogensee. Immerhin habe es in Berlin zwischenzeitlich sogar Erwägungen gegeben, die ungeliebte Immobilie einfach abreißen zu lassen. »Die Gemeinde unterstützt das Vorhaben, den Standort zu erhalten und wiederzubeleben«, sagte sie. Im Dezember habe man sich bei einer Ortsbegehung einen aktuellen Eindruck vom Zustand der Gebäude und Anlagen verschafft. Äußerlich mache alles noch einen recht guten Eindruck, aber im Innern der Bauten sei der Verfall unübersehbar. »Wir würden eine universitäre Nutzung mit Internat sowie ergänzenden Bildungs- und Kulturangeboten auch für die Gemeinde wünschen«, so die Bürgermeisterin. »Von mir aus Stück für Stück - Hauptsache, es wird bald angefangen.«

Der Förderverein Akademie Bogensee e.V. hat das Konzept für eine internationale Akademie Bogensee (iAB) vorgelegt. Die Gemeinde unterstützt das Vorhaben politisch, der Ortsvorsteher von Lanke und Bogensee, Christian Schmidt, ist einer der Initiatoren. Es richtet sich, nach dem Vorbild der Fernuniversität Hagen und der Berliner Kiron-University mit online-Kursen an akademisch vorgebildete Flüchtlinge und andere Migranten, auch an Akademiker ohne anerkannten Abschluss. Sie sollen Deutsch lernen und eine Ergänzung oder Neuorientierung ihrer jeweiligen Laufbahn erhalten.

Während der Landkreis offenbar in Sorge ist, dass Bogensee am Ende zum Asylheim werden könnte, ist Bürgermeisterin Radant von dem iAB-Projekt angetan. Zumal sich weitere Bildungsangebote am Ort ansiedeln ließen. So habe ein Mikroskopie-Institut Interesse bekundet. Radant hofft darüber hinaus auf belebende Effekte für die Gemeinde. Der Campus mit seinen Sälen und Übernachtungskapazitäten könnte wieder zum idealen Ort für Kultur und Bildung werden.

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