Wasserpreisbetrug? Verband stellt Strafanzeige

Wasserbetriebe und Wirtschaftsverwaltung sollen Kosten manipulieren, um Preise in die Höhe zu treiben

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach Zivilklagen wegen überhöhter Wasser- und Abwasserpreise hat der streitbare Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) am Montag Strafanzeige gestellt.

145,1 Millionen Euro Gewinn machten die Berliner Wasserbetriebe (BWB) 2014, fast 100 Millionen Euro davon gingen an das Land. »Es muss endlich Schluss damit sein, dass hohe Gewinne zu Lasten der Kunden erzielt werden«, sagt Peter Ohm. Er ist Präsident des VDGN, der nach eigenen Aussagen in Berlin und Brandenburg etwa 30 000 Mitglieder zählt und sich schon am Wasser-Volksbegehren intensiv beteiligt hatte.

Zwar hatte das Bundeskartellamt 2012 eine Preissenkung bei den Trinkwasserpreisen verfügt, nach Ansicht des VDGN und des Wassertisches reicht die aber nicht. 20 Prozent weniger wären laut Verband angemessen, tatsächlich gesenkt wurde der Wassertarif um 14 Prozent gesenkt, jener für das Abwasser um 6,1 Prozent.

»Es geht um das System der Preisbildung in Berlin«, sagt Ohm. Die BWB hätten eine »traumhafte operative Rendite von 28,1 Prozent«. Diese hohen Ergebnisse begründeten laut Ohm den Verdacht, dass Senat und BWB die Kosten »zu Lasten der Kunden manipulieren und wirtschaftlich nicht gerechtfertigt in die Höhe treiben«. Dieser »öffentlich-rechtliche Feudalismus«. ermögliche es »willkürlich verdeckte Steuern einzutreiben«.

Zur Kalkulation der Wasserpreise legt dem Berliner Betriebegesetz gemäß eine jährliche Senatsverordnung die Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals fest. Die sei »weit überhöht«, heißt es in einer Stellungnahme des Wassertisches. Für die letzten beiden Jahre lag sie bei 6,1 Prozent. Dies sei angesichts des allgemeinen Zinsniveaus »völlig überzogen«.

Auch die kalkulatorischen Abschreibungen sind nach Ansicht von Initiative und VDGN weit überzogen. Diese Kosten seien bei den BWB »fast doppelt so hoch wie die der drei Vergleichsunternehmen«, den Wasserbetreiben von Köln, Hamburg und München, stellte das Oberlandesgericht Düsseldorf 2014 fest, als es eine Beschwerde der BWB gegen den Beschluss des Bundeskartellamtes abwies. Damit halte der Senat an einer Regelung fest, mit der während der Teilprivatisierung ein Gerichtsurteil umgangen wurde, heißt es beim Wassertisch.

Eigentlich habe man bei den Abwasserpreisen auf das Bundeskartellamt gehofft, sagt Ohm. Aufgrund »begrenzter Kapazitäten« sei das bisher nicht geschehen, bestätigt das Amt. Darum habe man gegen den Finanzvorstand der BWB, Frank Bruckmann, sowie gegen die zuständige Wirtschaftsverwaltung Strafanzeige wegen »Betruges am Bürger« gestellt. »Bei der Anzeige geht es nicht gegen Personen, sondern um die Sache«, sagt Ohm.

»Ich verstehe nicht, wie ein landeseigenes Unternehmen die Bürger zum Vorteil der Bürger betrügen kann«, sagt BWB-Pressesprecher Stephan Natz. Man sehe der Anzeige »gelassen« entgegen, heißt es von der Wirtschaftsverwaltung. Die Kundentarife entsprächen den gesetzlichen Vorschriften und seien auch vom Landesverfassungsgericht nicht beanstandet worden.

Der Wassertisch lehnt »Gewinne aus der öffentlichen Daseinsvorsorge grundsätzlich ab« und fordert die Änderung des Betriebegesetzes. Peter Ohm hofft, dass staatsanwaltliche Ermittlungen die Sache voranbringen. Und hat schon neue Ziele vor Augen. Es sei »vollkommen unverständlich«, dass die Berliner Stadtreinigung trotz Gewinns die Preise erhöhen darf.

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