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Bankkonto auf vier Beinen

In Chisuko verschaffen sich Frauen mit der Rinderzucht Einkommen und Perspektiven

  • Tabea Speder
  • Lesedauer: 3 Min.

»Gewöhnlich sind Rinder ein einziger Kampf!« Rhoda Marowa lacht, als sie über frühere Zeiten und ihr Leben im Dorf Chisuko in der simbabwischen Region Chimanimani spricht. »Ich musste mit den Tieren jeden Morgen zwei Stunden den steilen Berg hinauf laufen, um sie auf eine Weide zu bringen. Und am Abend holte ich sie wieder nach Hause - sie sind mein wertvollster Besitz. Ich brauchte dafür jeden Tag fünf Stunden, wenn alles glatt ging«. Aber manchmal musste Rhoda auch tagelang nach den Tieren suchen, weil sie sich verlaufen hatten. Rinder sind kostbar, weil sie mit Milch und Fleisch wichtige Proteinquellen sind, ihr Mist hält den Garten fruchtbar und sie überleben auch Dürreperioden. Durch ihren Wert sind die Tiere so etwas wie ein Bankkonto auf vier Beinen.

Rhoda ist Witwe und alleinerziehende Mutter und damit keine Ausnahme. Viele der Frauen im Dorf müssen sich und ihre Kinder ohne männliche Unterstützung versorgen. Einige von ihnen sind verwitwet, andere wurden von ihren Männern verlassen, die ausgewandert sind, um Arbeit zu suchen oder weil sie vor politisch motivierter Gewalt fliehen mussten. Dies hatte starke Auswirkungen auf die Rolle der Frauen in der Region. TSURO, eine lokale Basisorganisation, organisiert Kleinbauern und schafft Strukturen, in denen diese gemeinsam Lösungen entwickeln und umsetzen. Unterstützt vom Weltfriedensdienst arbeitet TSURO mit etwa 5.000 Familien.

Die Hälfte der Haushalte wird von Frauen geführt, Tendenz steigend. Dies ist sehr ungewöhnlich in der männlich dominierten Kultur und Gesellschaft Simbabwes. Eines der drängendsten Probleme war die Haltung der Rinder, die traditionell von den Männern betreut wurden. Damit die Frauen diese Aufgabe übernehmen konnten, musste sie neu organisiert werden. Die Rinder wurden zu größeren Herden zusammengefasst und von ausgebildeten Hirten betreut. (siehe nd vom 17.1.12 ?) »Ihr Zustand hat sich verbessert, sie gehen nicht mehr verloren oder verletzen sich nicht mehr«, sagt Rhoda. Die ganze Gemeinde profitiert davon. Bevor es die Hirten gab, zerstörten die Rinder oft Felder und Gärten. Deren Besitzer waren verärgert und die Eigentümer der Rinder mussten für den entstandenen Schaden aufkommen. »Das konnten wir uns auf Dauer nicht leisten.«, erinnert sich Elisabeth Sunguro. »Mein 14-jähriger Sohn musste die Schule abbrechen, damit er tagsüber unsere Tiere hüten konnte.« Doch inzwischen kann der Junge wieder zur Schule gehen und seine Eltern haben keine Angst mehr vor Schadenszahlungen an die Nachbarn.

Durch die Erfolge bei der Viehhaltung gewinnen die Frauen im Dorf an Ansehen und Einfluss. Viele von Ihnen sind durch TSURO zum ersten Mal Viehbesitzerinnen geworden. Was früher Aufgabe der Männer war haben heute die Frauen übernommen. Sie ernähren ihre Familien, erziehen die Kinder, übernehmen die Kosten für die Schulbildung und ihr Wort hat im Haushalt das größte Gewicht. Diese Entwicklung spiegelt sich im gesamten Bezirk wieder. Bei den Wahlen der Gremien von TSURO im Jahr 2013 wurden neun Frauen in das Führungskomitee gewählt, insgesamt ist fast die Hälfte der Gremienmitglieder weiblich. Durch die transparenten Wahlen und die gemeinsame Arbeit mit TSURO haben sich Gemeinsinn und Zusammenhalt der Menschen stark erhöht. Frauen wie Rhoda haben etwas zu sagen - und sie werden gehört.

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