Werbung

Türkei: Journalisten droht lebenslange Haft

Sie hatten über angebliche Kooperation der türkischen Regierung mit syrischen Rebellen berichtet / Europarat kritisiert Inhaftierung

  • Lesedauer: 2 Min.
Weil sie trotz einer Nachrichtensperre über Waffenlieferungen an Rebellen in Syrien berichteten, wurden zwei türkische Journalisten inhaftiert. Nun droht ihnen lebenslange Haft wegen »Agitation gegen die Regierung«.

Istanbul. Die türkische Justiz will zwei prominente Journalisten der regierungskritischen Zeitung »Cumhuriyet« wegen Agitation gegen die Regierung und Unterstützung von Terrorgruppen lebenslang ins Gefängnis bringen. Die Anklageschrift der für Terrordelikte zuständigen Staatsanwaltschaft in Istanbul wirft den Journalisten Can Dündar und Erdem Gül einen Umsturzversuch gegen die Regierung vor, wie die regierungsnahe Zeitung »Sabah« am Mittwoch berichtete.

Die Festnahme der beiden Journalisten im November hatte in der Türkei und im Westen große Empörung ausgelöst. Dündar ist der Chefredakteur der regierungskritischen Tageszeitung »Cumhuriyet« und Gül der Leiter ihres Hauptstadtbüros. Die beiden Journalisten, die Untersuchungshaft auf ihren Prozess warten, sollen mit Berichten über angebliche Waffenlieferungen an Rebellen in Syrien einen Geheimnisverrat begangen haben.

Zudem hätten Dündar und Gül die Ende 2013 aufgetauchten Korruptionsvorwürfe gegen die Regierung unterstützt und damit bei einem Umsturzversuch geholfen, argumentiert die Staatsanwaltschaft. Präsident Recep Tayyip Erdogan betrachtet die Korruptionsvorwürfe als Teil einer Verschwörung der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen gegen die gewählte Regierung. Sie stufen die Gülen-Bewegung als Terrorgruppe ein.

Erdogan hatte öffentlich gedroht, Dündar werde für seine Berichte bezahlen, und persönlich Strafanzeige gegen den Journalisten eingereicht. Artikel der beiden Beschuldigten werden laut »Sabah« in der 473-seitigen Anklageschrift als Beweismittel herangezogen.

Der Fall von Dündar und Gül gilt Kritikern der Regierung als Beispiel für einen wachsenden Druck auf die Presse. Der Europarat und mehrere internationale Journalistenvereinigungen kritisierten die Inhaftierungen in dem EU-Bewerberland. Dündar warf der EU jedoch vor, die Drangsalierung der Medien in der Türkei aus Rücksicht auf die erhoffte Kooperation der Türkei in der Flüchtlingskrise zu ignorieren. AFP/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal