Anschlag mit Kriegswaffe auf Kriegsflüchtlinge

Villingen-Schwenningen: Scharfe Munition auf das Gelände der Unterkunft im Schwarzwald-Baar-Kreis geworfen / Polizei bildet Soko mit 75 Beamten / Brandanschlag bei Bielefeld

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Unbekannte haben in der Nacht zum Freitag einen Anschlag mit einer scharfen Handgranate auf eine Flüchtlingsunterkunft in Villingen-Schwenningen verübt. Nach dpa-Informationen landete der Sprengkörper auf dem Gelände der Unterkunft im Schwarzwald-Baar-Kreis. Der Sicherheitssplint war gezogen, die Granate explodierte jedoch nicht. Sicherheitskräfte entdeckten den Sprengkörper rechtzeitig, Entschärfer sprengten sie. Menschen kamen zum Glück nicht zu Schaden, 20 Bewohner des Einrichtung mussten kurzzeitig ihre Wohnungen verlassen. In der Unterkunft leben nach Auskunft des Regierungspräsidiums Freiburg insgesamt 104 Flüchtlinge aus mehreren Ländern.

Die Kriminalpolizeidirektion Rottweil hat eine Sonderkommission »Container« eingerichtet, in der 75 Beamte ermitteln, um die Hintergründe der Tat aufzuklären, sagte Dietmar Schönherr, Leiter der Kriminaldirektion Rottweil, am Freitag in Villingen. Soko-Chef Rolf Straub äußerte sich zurückhaltend zum Stand der Ermittlungen. Es werde geprüft, ob es sich um eine fremdenfeindliche Tat handele. Aber auch andere Möglichkeiten würden in Betracht gezogen. Befragungen in der Nachbarschaft hätten einige Hinweise erbracht, aber sie seien zu unkonkret, »um auf bestimmte Personen zuzugehen«.

Der Freiburger Regierungsvizepräsident Klemens Ficht erklärte, bei der Handgranate habe es sich um eine Kriegswaffe gehandelt. Dass diese auf eine Einrichtung für Kriegsflüchtlinge geworfen worden sei, sei besonders zu verurteilen. Der Angriff sei bundesweit der erste Fall, bei dem Sprengstoff zum Einsatz kam. »Bis jetzt hatten wir zwar mehrere Fälle, in denen Pyrotechnik verwendet wurde«, sagte eine Sprecherin des Bundeskriminalamts am Freitag in Wiesbaden. »Dass nun eine Kriegswaffe zum Einsatz gegen eine Flüchtlingsunterkunft kam, ist neu.«

»Also das ist wirklich unfassbar, dass jetzt schon mit Handgranaten - quasi mit militärischen Waffen - auf Asylsuchende losgegangen wird«, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Freitag in Stuttgart. »Wir müssen einfach alles dafür tun, dass wir Extremismus [...], der die rote Linie überschreitet und zu Gewalt übergeht, dass wir den gesellschaftlich radikal ächten.« CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf nannte die Attacke einen »Anschlag gegen die Menschlichkeit.« Die Tat müsse mit der ganzen Härte des Rechtsstaates verfolgt und bestraft werden. »Die Täter dürfen nicht ungestraft davon kommen«, twitterte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) unter dem Hashtag #Handgranate. »Das ist Terrorismus«, twitterte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD). Grünen-Bundesvorsitzende Simone Peter sprach von einer »neuen, erschreckenden Kategorie des Hasses, die ein schrillendes Alarmsignal sein muss.« Der Kampf gegen rechten Terror müsse von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Chefsache gemacht werden.

Auf eine Unterkunft für Geflüchtete in Harsewinkel bei Bielefeld ist bereits am vergangenen Wochenende ein Brandanschlag verübt worden, berichtet das »Westfalenblatt«. Unbekannte hätten versucht, ein Holzhaus anzuzünden, bei dem Feuer wurde glücklicherweise niemand verletzt, auch an den Gebäuden sei kein Schaden entstanden, teilte die Polizei erst am Donnerstag mit. An zwei Stellen sei versucht worden, Feuer zu legen. Die Holzhäuser waren erst im Herbst 2015 von der Gemeinde für die Unterbringung von Geflüchteten errichtet worden. Agenturen/nd

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