Mehr Abschiebungen, mehr »sichere Herkunftsstaaten«

Bund will straffällig gewordene Asylbewerber auch in Drittstaaten ausweisen / Bayern verlangt elf neue »sichere Herkunftsstaaten« - darunter Nigeria, Ukraine, Mali / Merkel: Erwarten, dass Flüchtlinge in Heimat zurückkehren

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die Bundesregierung setzt auf immer mehr Maßnahmen gegen den weiteren Zuzug und das Bleiberecht von Flüchtlingen. So sollen straffällig gewordene Asylbewerber künftig auch in Drittstaaten abgeschoben werden können. Man verhandele »mit der Türkei und anderen Ländern über die Rückübernahme auch solcher Flüchtlinge, die aus Drittstaaten kommen«, sagte der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, Kanzleramtsminister Peter Altmaier, der »Bild am Sonntag«. So solle ermöglicht werden, dass solche Flüchtlinge nicht in ihr Heimatland abgeschoben werden, wenn dort zum Beispiel Bürgerkrieg herrsche, »sondern in das Land, über das sie in die EU gekommen sind«.

Kanzlerin Angela Merkel fordert von Flüchtlingen mittelfristig die Rückkehr in ihre Heimatländer. Der derzeit in Deutschland vorrangig gewährte Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention sei zunächst auf drei Jahre befristet, sagte Merkel am Samstag beim Landesparteitag der CDU Mecklenburg-Vorpommerns in Neubrandenburg. Den Betroffenen müsse klar gemacht werden, dass es sich um einen temporären Aufenthaltsstatus handele. Man erwarte, »dass Ihr auch wieder, mit dem Wissen, was Ihr jetzt bei uns bekommen habt, in Eure Heimat zurückgeht«, wenn dies die Lage dort zulasse, so Merkel.

Auch die CSU bekommt nicht genug - kaum konnte sich der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer als Sieger des so genannten Asylkompromisses gerieren, kam schon die nächste Forderung aus München. »Bayern hat heute im Bundesrat die Einstufung von elf weiteren Staaten beantragt«, sagte Seehofer am Freitag mit Blick auf die umstrittene Einstufung von Algerien, Tunesien und Marokko, auf die sich die Koalition zuvor geeinigt hatte.

Nun will Bayern, dass auch Armenien, Bangladesch, Benin, Gambia, Georgien, Indien, Mali, die Mongolei, Nigeria, die Republik Moldau und die Ukraine auf die Liste kommen. In Mali soll die Bundeswehr demnächst zu einem Einsatz einrücken, weil dort im Rahmen einer UN-Friedensmission »die staatliche Ordnung (…) wiederhergestellt werden« muss, wie es beim Auswärtigen Amt heißt. Für Nigeria hat die Bundesregierung zahlreiche Reisewarnungen herausgegeben, weil dort Gewalt, Terrorismus und Entführungen an der Tagesordnung sind.

Bayerns Bundesratsminister Marcel Huber erklärte, »diese Herkunftsländer haben auch andere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bereits als sicher eingestuft«. Diese Einstufung folgt ohnehin einer anderen politischen Opportunität: Asylverfahren für Antragsteller aus diesen Ländern werden erheblich und zu Lasten der Flüchtlinge beschleunigt, auch kann schneller ausgewiesen werden. Seehofer hat das nach dem Anti-Asylpaket in die Formulierung gebracht: »Es geht um die Begrenzung der Zuwanderung. Das ist noch zu leisten.«

Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen sowie die Opposition im Bundestag lehnen die ständige Ausweitung der angeblich sicheren Herkunftsstaaten ab. Agenturen/nd

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