Lampedusas Bürgermeisterin

PERSONALIE

  • Wolf H. Wagner, Florenz
  • Lesedauer: 2 Min.

Sie ist ein Leben lang mit Lampedusa verbunden: Giuseppina Maria Nicolini, von allen nur Giusi genannt, trat bereits 1983 das Amt als Umweltassessor und Stellvertretende Bürgermeisterin an. Da war sie gerade einmal 22. 2012 wurde sie zur Bürgermeisterin von Lampedusa und Linosa gewählt, weit über die Grenzen ihrer 6000-Einwohner-Gemeinde geachtet, weit über die Landesgrenzen Italiens bekannt.

Eine schwierige Amtsperiode begann, dominiert von Tausenden Flüchtlingen, die von den tunesischen und libyschen Küsten den gefährlichen Weg über das Meer wählten. Bereits zu ihrem Amtsantritt beklagte die agile Bürgermeisterin, dass Europa die Inseln mit den Flüchtlingsproblemen allein ließe. Nüchtern kommentierte die 55-Jährige: »Ich bin mehr und mehr davon überzeugt, dass die europäische Einwanderungspolitik den Tod dieser Menschen in Kauf nimmt, um die Migrationsflüsse einzudämmen. Vielleicht betrachtet sie sie sogar als Abschreckung. Aber wenn für diese Menschen die Reise auf den Kähnen der letzte Funken Hoffnung ist, dann meine ich, dass ihr Tod für Europa eine Schande ist.« Nach der Katastrophe vom 3. Oktober 2013, bei der mehr als 300 Menschen ums Leben kamen, bekräftigte sie: »Wenn jemand aus einem brennenden Haus flieht, dann flieht er eben, wohin er kann. Und bei uns eben übers Meer«.

Für inakzeptabel hält Nicolini die Aussagen des syrisch-libanesischen Dichters und Essayisten Ali Ahmed Said Esber (Adonis): Assad sei ein vom Volke gewählter Präsident und die Flüchtlinge nur Wirtschaftsmigranten, hatte der Autor geäußert. Deswegen könne sie den Preis aus Osnabrück auch nicht annehmen, so ehrenvoll er auch gemeint sei. »Ich danke dem Komitee von ganzem Herzen für die Auswahl, einen ehrenwerten Preis an mich zu vergeben«, erklärte sie, aber »nähme ich ihn an, so würde ich mich hinter Adonis stellen, würde ich nicht nur meine Ideen, sondern auch die vielen Syrer, Männer, Frauen und Kinder, die Schutz auf Lampedusa gefunden haben, verraten.«

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