Feuerwerk und Sklaverei

Kinderfilme international

  • Caroline M. Buck
  • Lesedauer: 2 Min.

Wer Tschechow mal in einer neuen Sprache sehen möchte, wird bei »Generation kplus«, der Kinderfilmsparte der Berlinale, fündig. »Ottaal« (Die Falle) verlegt Tschechows Erzählung »Wanka« nach Südindien. In den Bundesstaat Kerala, wo Malayalam gesprochen wird. Dort übersiedelt ein kleiner Junge zu seinem liebevoll um ihn bemühten Großvater, der ihm auf Keralas Kanälen und Marschen das Gänsezüchten beibringt, nachdem seine Eltern sich der Schulden wegen umbrachten. Bis auch der Großvater stirbt, hat der fantasiebegabte Junge ein wunderbares Leben, wenn’s auch für die Schule nie ganz reicht. Dann aber wird das elternlose Kind in die Stadt verkauft und endet als Lohnsklave in einer illegalen Feuerwerksfabrik. Ein bildschöner Film, der zu Weihnachten beginnt und endet.

Die Jungs im Sportinternat im türkischen »Young Wrestlers« haben es im Vergleich noch gut. Hell sind die Räume, in denen sie lernen und trainieren, und an Kleidung und Essen fehlt es auch nicht. Im Gegenteil: die Waage ist ständiger Begleiter ihrer Unterrichtseinheiten, und wer sein Kampfgewicht noch immer nicht erreicht hat, dem wird zu Mittag zweimal aufgetischt. Aber der Konkurrenzkampf auf der Matte ist beinhart, jeder gilt hier nur so viel wie seine Siege. Die Kindheit sei nun vorüber, predigen die Trainer, und Schmerzen etwas, dass eben ertragen werden muss, wenn man gewinnen will. Wer Heimweh hat oder nicht genug Biss beweist beim Niederringen des Gegners, wird von ihnen ins Gebet genommen. Der Dokumentarfilm von Mete Gümürhan ist nur einer von mehreren türkischen Beiträgen in der Sektion »Generation kplus«, und die haben es in sich.

Der kleine Held im Spielfilm »Rauf« (Regie Barış Kaya und Soner Caner) zum Beispiel wird zum örtlichen Tischler in die Ausbildung geschickt, weil er kein großer Schüler ist. Beim Tischler nimmt er fortan Maß für Särge, denn in den schneeverhangenen Bergen am Horizont hinter seinem Heimatdorf nahe Kars, da kämpft die PKK-Guerilla. Die Toten gehen hier deshalb niemals aus, vor allem nicht die jungen. In der Schule wird türkischer Nationalismus gelehrt, zu Hause aber sitzen weinende Mütter und ein steinaltes Großmütterchen und warten vergeblich. Rauf dagegen ist zum ersten Mal und voller Inbrunst verliebt - in die Tochter seines Lehrherrn, eine schöne Zwanzigjährige. Weil sie die Farbe pink mag, Rauf dieser Farbe im Dorf aber nie begegnet ist, sucht er nun überall nach Aufklärung darüber, wie pink denn eigentlich aussieht. Und bekommt stets bloß die selbe Antwort: »Na, pink eben.«

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