Als Bayer-Coach Schmidt nicht gehen wollte

Im Spitzenspiel Bayer gegen BVB sorgt Trainer Schmidt für eine Spielunterbrechung

  • Andreas Morbach, Leverkusen
  • Lesedauer: 4 Min.
Dortmund gewann das Topspiel gegen Bayer Leverkusen. Die Partie wurde für neun Minuten unterbrochen, weil sich Bayer-Coach Schmidt weigerte, nach einem Verweis seinen Platz zu verlassen.

Am Sonntag um 16.59 Uhr kamen Hans-Joachim Watzke und Michael Schade auf der Haupttribüne der BayArena zusammen. Die Klubchefs aus Dortmund und Leverkusen hatten gerade viel Zeit für einen Plausch, denn vor ihren Augen geschah - nichts. Weil sich Bayer-Trainer Roger Schmidt weigerte, seinen Arbeitsplatz Richtung Tribüne zu verlassen, entschied Schiedsrichter Felix Zwayer: Hier geht erst mal nichts mehr. Alle Spieler und Betreuer mussten in die Kabine - um Übungsleiter Schmidt auf diese Weise zur Vernunft zu bringen. Das gelang dann auch: Nach neunminütiger Unterbrechung ging das Duell der Westklubs weiter. Mit Schmidt auf der Tribüne - und mit einem 1:0-Sieg für Dortmund.

Etwas Theater hatte vor Spielbeginn auch der Fußballlehrer der Nation - denn bei seinem Ausflug ins Rheinland musste Joachim Löw erst mal ein unerwartetes Hindernis überwinden. Als er in der BayArena einen Abstecher in die VIP-Lounge machen wollte, wurde der Bundestrainer von einer aufmerksamen Ordnungskraft gestoppt. Löw fehlte das für den Einlass nötige Armbändchen. Ehe ihm Zutritt gewährt wurde, musste der Weltmeister-Coach eine Zeitlang auf einer Treppe ausharren.

Eine weitere Überraschung hatte kurz darauf Thomas Tuchel für ihn parat: Im Vergleich zum starken 2:0 seiner Mannschaft drei Tage zuvor gegen Porto, stellte Borussias Übungsleiter die halbe Startelf um. Auf der Reservebank sitzen blieb unter anderem Linksverteidiger Marcel Schmelzer, der sich mit guten Leistungen in dieser Saison wieder in den Dunstkreis der Nationalmannschaft gespielt hat. Auch auf das Live-Erlebnis Marco Reus musste der Bundestrainer verzichten - zumindest 45 Minuten lang, zur zweiten Hälfte kam Reus dann für den 17-jährigen Christian Pulisic aufs Feld.

Da die Borussen in der Tabelle weit und breit keinen Sichtkontakt haben, weder nach oben noch nach unten, legte Tuchel vor dem entscheidenden Duell um den Einzug ins Achtelfinale der Europa League - am Donnerstag in Porto - den Schongang ein. Neben Reus und Schmelzer gönnte er auch Julian Weigl, Shinji Kagawa und Nuri Sahin eine Ruhepause. Roger Schmidt, der Kollege vom Werksklub, war da weniger großzügig. Zwar geht es auch für Bayer unter der Woche gegen Sporting Lissabon ums internationale Weiterkommen, die Lage in der Liga aber ist für die Rheinländer deutlich ernster, weil gedrängter. Von den 1:0-Siegern in Lissabon plumpsten daher nur Youngster Julian Brandt und der an der Zehe verletzte Hakan Calhanoglu aus dem Team.

Das Gipfeltreffen der beiden Westklubs erinnerte zunächst gewaltig an ein anderes vermeintliches Topspiel, das zwei Wochen zuvor an gleicher Stätte gegen die Bayern (0:0) stattgefunden hatte. Vorsicht und Taktik bestimmten das Geschehen, der größte Aufreger war fürs Erste eine längere Behandlungspause bei Stefan Kießling. Bei einem Kopfballduell mit BVB-Kapitän Mats Hummels rauschte der Leverkusener Angreifer mit Sven Bender zusammen, blieb minutenlang benommen liegen.

Irgendwann ging es dann weiter - vielmehr: die Spieler in Rot-Schwarz und Gelb bewegten sich wieder. Vor allem aber lieferten sie ganz besonders schwere Kost ab - so dass Joachim Löw, begleitet von Nationaltorwarttrainer Andreas Köpke, nach 39 Minuten gelangweilt zum Stadiondach blickte und den Halbzeitpfiff herbeisehnte. Aber in der Nachspielzeit passierte plötzlich doch noch etwas: Pulisic nutzte die vorübergehende Verwirrung in Bayers Defensive zu einem Pass auf Pierre-Emerick Aubameyang, der diese Großchance allerdings mit einem seltsamen Schuss, nach dem er rückwärts auf den Boden plumpste, verstreichen ließ.

Die Szene war bezeichnend für die langweilige erste Halbzeit - umso unterhaltsamer wurde es im zweiten Durchgang. Dank des über Vermittler Kießling ausgetragenen Disputs zwischen Referee Zwayer und Trainer Schmidt. Der war mit dem Freistoß, der Aubameyangs Führungstor in der 64. Minute vorangegangen war, nicht einverstanden und lebte seinen Missmut an der Seitenlinie aus. Es folgte die von Zwayer verhängte Auszeit, und nach dem Neustart noch ein verweigerter Strafstoß für Leverkusen - bei einem klaren Handspiel von BVB-Verteidiger Sokratis - sowie zwei von Reus (88.) und Bayers Chicharito (92.) vergebenen Großchancen.

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