Die Ukraine verliert ihre Unabhängigkeit

Washington sieht Kiews Kurs zunehmend abdriften

  • Ulrich Heyden, Moskau
  • Lesedauer: 2 Min.
Die USA glauben offenbar nicht mehr daran, dass in der Ukraine eine Demokratie nach westlichem Geschmack entsteht. Washington übernimmt die Steuerung des Landes von außen.

Die Ukraine wird zunehmend zum Sorgenkind der westlichen Staatengemeinschaft. Statt des von den Ukrainern ersehnten Weges zu Demokratie und sozialer Stabilität, gibt es immer neue Probleme. Die Wirtschaft kommt nicht in Gang, die Korruption ist nach wie hoch, der Krieg in der Ost-Ukraine geht weiter und die Bevölkerung verarmt.

Selbst das, womit die Ukraine eigentlich punkten könnte, ihre Landwirtschaft, greift nicht. Im vorigen Jahr gingen die Agrarexporte in die EU um acht Prozent zurück, berichtete die »Wirtschaftswoche«. Grund seien die strengen EU-Standards, denen die ukrainischen Lebensmittel nicht genügen.

Die USA scheinen die Hoffnung, dass sich in der Ukraine eine Demokratie entwickelt, die westlichen Standards genügt, verloren zu haben. Washington geht nun dazu über, Kiew mit Zuckerbrot und Peitsche auf Kurs zu bringen.

Wohl wissend, dass die westlichen Medien das Thema Ukraine zurzeit »klein fahren«, scheut Washington vor nackter Erpressung nicht zurück. Bei einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten am Rande des Atom-Gipfels in Washington erklärte US-Vizepräsident Joe Biden, die Ukraine werde eine Unterstützung von einer Milliarde Dollar nur bekommen, wenn es in Kiew zur Neubildung der Regierung kommt. Seit Februar gärt eine Regierungskrise. Präsident Petro Poroschenko möchte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk gern möglichst geräuschlos auswechseln. Doch die Werchowna Rada will ein Misstrauensvotum gegen die Regierung Jazenjuk nicht unterstützten. Auch die Oligarchen stehen noch hinter dem Premier.

Washington befindet sich in einer Zwickmühle. Man will die in Kiew 2014 erreichte Wende hin zu einer aggressiv-antirussischen Politik auf keinen Fall gefährden, sieht aber, dass die Regierung zunehmend unpopulär wird.

Was also tun? Parlamentsneuwahlen - so die Befürchtung in Washington - könnten für die eigenen Schützlinge in Kiew, Jazenjuk und Poroschenko, nur schlecht ausgehen. Die Popularität von Jazenjuk liegt nach Umfragen bei einem Prozent. Die Gegner der Kiewer Regierung könnten bei den Neuwahlen Gewinne erzielen.

Der US-Botschafter in der Ukraine, Geoffrey Pyatt, hatte schon am 2. Februar via Twitter gewarnt: »Gefährliche Stimmen sagen: Es reicht mit den Technokraten-Ministern und der professionellen Lenkung - es ist Zeit für Politiker, die Zügel der Lenkung in die Hand zu nehmen.« Das wäre aber ein »großer Fehler«, so der Botschafter. »Das wird die Anstrengungen des Kreml stärken, der die Ukraine als Demokratie darstellt, die schwächer wird und nicht entsteht.«

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