Die dreifache Kerschowski
Die Wolfsburgerin überragt beim 6:0 gegen die Türkei
Isabel Kerschowski strahlte bei der Radtour am Morgen nach ihrem Sahnetag mit der Sonne um die Wette. »Ich kann es noch immer nicht glauben. Das war schon ein sehr, sehr gutes Spiel«, sagte die Mittelfeldspielerin, die per Telefon mit Glückwünschen überhäuft wurde: »Mein Handy hat geglüht.« Mit ihrem Dreierpack und zwei Vorlagen sorgte die Wolfsburgerin beim 6:0 (2:0) in der Türkei in ihrem sechsten Länderspiel fast im Alleingang dafür, dass das EM-Ticket für die deutschen Fußballerinnen nach dem fünften Sieg im fünften Qualifikationsspiel (28:0 Tore!) zum Greifen nah ist.
Bundestrainerin Silvia Neid sprach der 28 Jahre alten Spätzünderin ein Sonderlob aus: »Isi hat ein sehr gutes Spiel gemacht. Sie ist auf einem guten Weg und wir sind froh, dass wir sie in unseren Reihen haben.« Die schnelle, athletische Flügelflitzerin, die schon beim Vier-Nationen-Turnier in den USA im März immer in der Startformation stand, hat vier Monate vor Olympia in Rio im Kampf um die Plätze im Kader ein dickes Ausrufezeichen gesetzt. Nur 16 Feldspielerinnen und zwei Torhüterinnen dürfen mit - für die gebürtige Berlinerin wäre es das erste große Turnier mit der A-Nationalmannschaft.
Neben Kerschowskis ersten drei Länderspieltoren (29./60./90.+3) sorgten in Istanbul auch die Treffer von Alexandra Popp (78./86.) und Anja Mittag (40.) dafür, dass die Titelverteidigerinnen mit einem Sieg am Dienstag in Osnabrück gegen Kroatien das EM-Ticket bereits so gut wie perfekt machen kann. Die acht Gruppensieger und die sechs besten Zweiten qualifizieren sich direkt für die Endrunde 2017 in den Niederlanden, die beiden anderen Gruppenzweiten bestreiten Playoffs.
Auch wenn es gegen die defensiven Türkinnen kein glanzvoller Sieg war, zeigte sich Neid zufrieden. »Wir haben sechs Tore geschossen gegen einen Gegner, der nur darauf bedacht war, den Ball von hinten ins Aus zu knallen. Wir haben nie locker gelassen, wir haben Charakter gezeigt, es immer weiter probiert«, sagte die 51-Jährige. Als Kritikpunkt nannte sie die chronisch mangelhafte Chancenverwertung und die teils fehlende Präzision im Spielaufbau: »Aber wenn man 90 Prozent Ballbesitz hat, passieren halt auch mehr Fehler.«
Gegen die unangenehm zu spielenden Kroatinnen, gegen die im Hinspiel im September in Zagreb nur ein schwaches 1:0 gelang, soll es in der Offensive wieder runder laufen. Noch am späten Freitagabend ging der Flug zurück nach Münster, um 2 Uhr nachts fielen die Spielerinnen in der Klosterpforte im ostwestfälischen Harsewinkel in die Betten. Isabel Kerschowski dürfte nach ihrem traumhaften Abend besonders selig geschlummert haben. SID/nd
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