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Untergang eines Riesen

Königsklasse: Schon im Viertelfinale ist für Titelverteidiger Barcelona Schluss, Atlético Madrid erreicht das Semifinale

  • Hubert Kahl, Madrid
  • Lesedauer: 3 Min.
Die ungeschriebene Regel bleibt bestehen: Kein Fußballklub gewinnt die Champions League zweimal nacheinander. Daran kann auch Lionel Messi nichts ändern.

Wortlos und mit gesenktem Haupt verlässt Lionel Messi den Platz. Der Weltfußballer ist ausgerechnet in der entscheidenden Saisonphase in eine Formkrise geraten und hat den FC Barcelona ins Tief mitgerissen. Mit ihrem unverhofften Ausscheiden in der Champions League dankten Messi & Co. als unumstrittene Könige des europäischen Fußballs ab. Nach den 0:2 des Titelverteidigers im Viertelfinalrückspiel bei Atlético Madrid titelte die Zeitung »La Vanguardia«: »Barça ging unter wie die Titanic.«

Niemand hat eine plausible Erklärung dafür, dass beim amtierenden Champions-League-Sieger und spanischen Meister plötzlich nichts mehr zusammenläuft und das Team nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Messi trat im Vicente-Calderón-Stadion kaum in Erscheinung. Er blieb im fünften Spiel nacheinander ohne Torerfolg. Eine solche Durststrecke hatte der Argentinier zuletzt vor sechs Jahren gehabt. Messi lief wenig und spielte auch keine Torchancen heraus. Die Zuschauer hatten den Eindruck, als führte der Barça-Keeper Marc-André ter Stegen den Ball - nach Rückpässen - häufiger am Fuß als Messi.

Neymar und Luis Suárez, die mit dem Argentinier eine der besten Angriffsreihen der Welt bilden, ließen sich von der Schwäche anstecken. Barças Team, das bis vor kurzem Tore wie am Fließband produziert und eine Serie von 39 Spielen ohne Niederlage hingelegt hatte, schien bei Atlético selbst nicht an einen Erfolg zu glauben. Die Defensivkräfte Gerard Piqué, Javier Mascherano und Sergio Busquets schoben sich den Ball zu, als wären sie darauf aus, die Partie nach dem 2:1-Erfolg im Hinspiel möglichst schadlos über die Runden zu bringen.

Die Katalanen hatten die Rechnung jedoch ohne Antoine Griezmann gemacht. Der nur 1,74 Meter große Stürmer Atléticos kam in der 35. Minute im Barça-Strafraum ungehindert zum Kopfball und ließ Ter Stegen keine Chance. In der Schlussphase verwandelte der Franzose (87.) einen von Andrés Iniesta verschuldeten Handelfmeter zum 2:0. »Ter Stegen ahnte die Ecke und war mit den Fingern am Ball, aber ich hatte Glück«, erinnerte sich Griezmann. Dabei ist der 25-Jährige eigentlich kein Torjäger. Gegen Barça hatte er seit seinem Wechsel zu Atlético bis dahin noch nie getroffen. Seine Stärken liegen eher im Flügelspiel und in Kontern.

Spielerisch ist Atlético dem FC Barcelona weit unterlegen. Die Madrilenen zeigten jedoch, dass Siegeswillen und Kampfgeist ein solches Manko wettmachen können. »Wir sind eine verschworene Gemeinschaft«, erläuterte Madrids Trainer Diego Simeone sein Erfolgsrezept. »El Cholo« prägte bei den Rot-Weißen einen Stil, der auf einem stabilen Abwehrblock und Konterattacken basiert.

Vor zwei Jahren hatte Atletico schon einmal Barcelona im Viertelfinale ausgeschaltet. Bei den Katalanen werden böse Erinnerungen wach. Damals verspielte Barça anschließend den sicher geglaubten Titel in der Liga. Die Fans befürchten nun, dass eine solche Pleite sich wiederholen könnte. »Das Aus in der Champions League hat unvorhersehbare Konsequenzen«, argwöhnt das Fachblatt »Sport«. Barça rangiert in der Liga drei Punkte vor Atlético und vier vor Real Madrid. Zudem steht man noch im Pokalfinale gegen den FC Sevilla. dpa/nd

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