Einigung mit Warnstreikdruck

Durchbruch in der vierten Runde: Die Tarifverhandlungen bei Telekom sind zu Ende

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und die Telekom Deutschland einigen sich auf eine deutliche Lohnsteigerung - auf auf den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen in einer heiklen Phase.

Rund halb so viel, wie die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di forderte, rund doppelt so viel, wie die Telekom zunächst zu geben bereit war: Die 63 000 Tarifbeschäftigten und Auszubildenden der Telekom können sich über spürbare Lohnsteigerungen freuen. Am Dienstag einigten sich ver.di und die Telekom-Spitze am auf einen neuen Tarifvertrag.

Fünf Prozent plus einen Extrazuschlag für die unteren Lohngruppen, das forderten die ver.di-Verhandler auf Beschluss der Großen Tarifkommission des Bundesfachbereichs Telekommunikation/Informationstechnologie (TK/IT). Die Laufzeit sollte ein Jahr betragen, danach wäre wieder verhandelt worden. Nun wurden es 4,3 Prozent für zwei Jahre respektive 4,7 Prozent für die am schlechtesten verdienenden Telekom-Mitarbeiter. Die Gehälter werden in zwei Stufen angehoben. Rückwirkend zum ersten April beträgt die Erhöhung 2,2 Prozent respektive 2,6 Prozent, ein Jahr später kommen weitere 2,1 Prozent hinzu. Auszubildende und Werkstudenten erhalten zudem einen Extrazuschlag von monatlich zunächst 35, dann 60 Euro. Das Entgeltsystem wird zudem standardisiert und harmonisiert, auch darauf einigten sich die Tarifpartner.

Wichtiger ist für ver.di aber der Aspekt der Arbeitsplatzsicherung: Bis Ende 2018 sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Die nächsten Jahre sind in dieser Hinsicht heikel: Die Telekom modernisiert ihre Übertragungstechnik auf ein komplett internetbasiertes Verfahren (»All-IP«). Der technische Fortschritt macht eine vier- bis fünfstellige Zahl an Technikern überflüssig. Die Spitze des im Umbau befindlichen Konzerns muss nun Job-Alternativen für sie finden. »Das Thema Beschäftigungssicherung brennt natürlich vielen Kolleginnen und Kollegen besonders auf den Nägeln«, sagte ein ver.di-Sprecher. Der Stellenabbau wird trotzdem weiter gehen: Jährlich fällt eine vierstellige Zahl an Stellen weg, weil Mitarbeiter in den Ruhestand gehen und ihre Stellen nicht neu besetzt werden.

»Der Abschluss ist insgesamt gut ausgewogen und in dieser Höhe für die Bereiche der Telekom Deutschland und der Konzernzentrale vertretbar«, lobte Telekom-Personalvorstand Christian Illek. Man läge damit »deutlich unterhalb der ursprünglichen Gehaltsforderung von verdi«, ergänzte sich Telekom-Deutschland-Personalgeschäftsführer und Verhandlungsführer Martin Seiler.

»Mit dem Abschluss wird eine deutliche Reallohnsteigerung für alle Beschäftigten bei gleichzeitiger Absicherung realisiert«, zeigte sich auch ver.di-Verhandlungsführer Michael Halberstadt zufrieden. Dies Ergebnis wäre jedoch ohne den Druck, den ver.di mit mehreren Warnstreiks erzeugte, nicht möglich gewesen, betonte der Gewerkschafter. Auch die vierte und letzte Verhandlungsrunde am Dienstag und Mittwoch wurde mit Arbeitsniederlegungen flankiert.

Gewinn und Umsatz der Telekom waren im Vorjahr im zweistelligen Prozentbereich gestiegen. Auch die Aktie wies in den letzten Jahren wieder langfristig einen Aufstiegstrend auf. Zwar sind die Tarifverhandlungen nicht mehr so konfliktreich wie in früheren Jahren, insbesondere unter dem in dieser Hinsicht berüchtigten Telekom-Vorstand Thomas Sattelberger, zumal der Konzern offenbar mehr Energie in seinem Umbau als in Monate lange Feilscherei um Zehntelprozentpunkte stecken wollte. Zudem gilt ver.di innerhalb der Telekom als straff organisiert und kampferprobt.

Doch spendabel machte das den im Jahr 1995 privatisierten einstigen Teil der staatlichen Bundespost zunächst nicht. Die Verhandlungen zogen sich seit Ende Februar hin. Die Telekom zeigte sich zunächst wenig verhandlungsbereit, legt erst in der dritten Verhandlungsrunde Ende März einen Vorschlag vor, nachdem bereits zwei Runden ergebnislos zu Ende gegangen waren. 1,5 Prozent versus ver.dis Fünf-Prozent-Forderung: Es dauerte weitere drei Wochen, ehe es nun zum Durchbruch kam. ver.di unterstrich ihre Forderungen mit mehreren dezentralen Warnstreiks, Protesten und Warnstreiks mit bis zu mehreren tausend Teilnehmern. Die Telekom verwies auf die niedrige Inflationsrate, ver.di auf die tiefschwarzen Zahlen des Telekommunikationsdienstleisters, um die jeweiligen Forderungen zu untermauern.

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