Acht Millionen Euro für 34 Tote

Vor der BASF-Aktionärsversammlung werden Forderungen nach Entschädigungen für ermordete südafrikanische Minenarbeiter laut

  • Joel Schmidt
  • Lesedauer: 3 Min.
Sommer 2012 tötete die südafrikanische Polizei 34 streikende Arbeiter einer Platinmine. Das dort abgebaute Edelmetall wird vor allem auch an BASF geliefert.

Am Tag vor der am Freitag stattfindenden BASF-Aktionärsversammlung wurden auf einer Pressekonferenz Reparationsforderungen in Höhe von acht Millionen Euro an den Konzern gestellt. Hintergrund der Forderungen ist die Ermordung von 34 Minenarbeitern eines BASF-Zulieferers durch südafrikanische Sicherheitskräfte vor knapp vier Jahren.

Bischof Jo Seoka, Vertreter der Minenarbeiter von Marikana, ließ am Donnerstag in Frankfurt am Main noch einmal die Geschehnisse vom August 2012 Revue passieren. Unweit der südafrikanischen Metropole Johannesburg befanden sich rund 3000 Arbeiter einer Platinmine im Streik. Die Arbeiter, die oft in informellen Siedlungen in der Nähe der Mine, ohne fließendes Wasser und Elektrizität leben, forderten höhere Löhne und bessere Lebensbedingungen. Am 16. August 2012 beendete die von der Unternehmensführung gerufene südafrikanische Polizei den Streik blutig, indem sie wild in die Menge schoss, 34 Minenarbeiter tötete und 70 zum Teil schwer verletzte.

Betrieben wird besagte Mine vom britischen Unternehmen »Lonmin«, zu deren größten Kunden die BASF gehört, welche unter anderem für die Herstellung von Fahrzeugkatalysatoren auf das Edelmetall angewiesen ist. Im Geschäftsjahr 2014 etwa hatte das Ludwigshafener Unternehmen nach Aussage seines Chefs Kurt Bock Platinmetalle im Wert von 450 Millionen Euro von »Lonmin« bezogen.

Bereits im vergangenen Jahr war Bischof Seoka auf der BASF-Aktionärsversammlung aufgetreten und hatte das Unternehmen öffentlich dazu aufgefordert, sich an einer Entschädigung der Angehörigen der ermordeten Minenarbeiter zu beteiligen und somit seinen eigenen ethischen Verpflichtungen entlang der Wertschöpfungskette nachzukommen. BASF gehört zu den Gründern des sogenannten UN Global Compact und bekennt sich somit dazu, »seine Strategien und Aktivitäten«, wie es auf der Firmenhomepage heißt, unter anderem an den Prinzipien der Menschenrechte, Arbeitsnormen und des Umweltschutzes auszurichten. »Letztes Jahr haben die Verantwortlichen auf der Aktionärsversammlung nur zugehört, morgen erwarte ich Antworten«, sagte Seoka am Donnerstag.

Unterstützung für seine Forderung bekommt er vom »Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre«. Dieser verlangt, vom prognostizierten Bilanzgewinn des Konzerns in Höhe von 2,6 Milliarden Euro für das Geschäftsjahr 2015 acht Millionen Euro für Rückstellungen abzuziehen und die Dividende entsprechend zu kürzen. Diese Rückstellungen seien nötig, wie es im Gegenantrag des Dachverbands heißt, »um Zahlungen in einen Entschädigungsfonds für die Hinterbliebenen des Massakers von Marikana zu leisten.«

Der Betreiber der Mine hatte sich nach dem Massaker zwar dazu bereiterklärt, für Arbeitsplätze für die Angehörigen, Bildungsangebote für die Kinder der Opfer so wie für eine Verbesserung der Lebensverhältnisse vor Ort zu sorgen, wie Judy Seidman von der »Khulumani Support Group« sagte. Doch die Realität sieht anders aus, wie Ntombizolile Mosebetsane, die Witwe eines ermordeten Minenarbeiters berichtete. »Lonmin« habe lediglich die Beerdigung ihres Mannes bezahlt, mehr nicht. Durch die Unterteilung in Festangestellte und Angestellte von Subunternehmen versuche das Unternehmen außerdem, die Angehörigen zu spalten und sich seiner Verantwortung zu entziehen. »Als sie die Polizei gerufen haben, um meinen Mann zu töten, da haben sie keinen Unterschied zwischen den Streikenden gemacht und gesagt, tötet nur die Festangestellten, heute jedoch, wo ich nichts mehr zu Essen auf dem Tisch stehen habe, behauptet ›Lonmin‹, dass mein Mann niemals für sie gearbeitet hätte«, so Mosebetsane resigniert.

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