Leere Drohungen aus dem Süden

Christian Klemm über eine CSU-Klage, die es nicht geben wird

Die »Handlungsfähigkeit« des Freistaates sei durch den Rückgang der Zuwanderungszahlen nicht mehr gefährdet: Die CSU hatte allerdings auch nie ernsthaft vor, die Schwesterpartei vor den Kadi zu ziehen.

CSU-Chef Horst Seehofer wird seinen Worten wohl keine Taten folgen lassen: Die Klage gegen die Bundesregierung, an der seine Partei mit drei Ministerien beteiligt ist, ist vom Tisch. Die Begründung von Landesjustizminister Winfried Bausback: Die »Handlungsfähigkeit« des Freistaates sei durch den Rückgang der Zuwanderungszahlen nicht mehr gefährdet. Abgesehen davon, dass der Minister Flüchtlinge mit diesem Statement in guter CSU-Tradition zu einer Bedrohung macht, bleibt er eine Erklärung schuldig, warum die Handlungsfähigkeit eines Bundeslandes durch Menschen, die dort mehrheitlich nur durchreisen und nicht bleiben, überhaupt bedroht war. Überzeugend wäre sie ohnehin nicht gewesen, schließlich sind andere Staaten mit viel größeren Kontingenten an Schutzsuchenden als die Bundesrepublik - geschweige denn Bayern - dauerhaft konfrontiert. So sind im vorletzten Jahr 1,59 Millionen Menschen in die Türkei, 1,51 Millionen nach Pakistan und 1,15 Millionen in den Libanon geflohen. Handlungsfähig sind sie alle noch.

Das wissen die CSU-Granden in München nur zu gut. Sie hatten auch nie ernsthaft vor, die Schwesterpartei vor den Kadi zu ziehen. Zu groß wäre das Theater in der Union gewesen. Die Absicht hinter ihrer Drohung war vielmehr, die Bundeskanzlerin zu einer rigiden Flüchtlingspolitik zu zwingen. Und das hat die CSU bekanntlich auch erreicht.

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