Die Hetze eines Stadtrats

Ausgezeichnete antirassistische Initiative »Meißen Watch« von CDU-Mann beschimpft

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.
Eine Anti-Rechts-Initiative aus Meißen bekommt von der lokalen SPD einen Preis für ihre Arbeit. Wie ein CDU-Stadtrat darauf reagiert? Mit der Beleidigung der Engagierten als »Dreckszecken«.

»Es ist noch keine Zeit zum Feiern.« Mit diesen Worten beginnt die Dankesrede der Initiative »Meißen Watch«. Das antirassistische Webprojekt aus der sächsischen Kleinstadt erhielt am vergangenen Freitag den »David-Schmidt-Preis«, gestiftet vom SPD-Unterbezirk Meißen und überreicht für Verdienste im Kampf gegen rechte Hetze in der Region. Die Macher hinter dem Projekt nahmen an der Ehrung allerdings nicht selbst teil. »Keine Zeit zum Feiern«, war dabei keineswegs eine Ausrede oder eine leere Floskel in der Dankesrede: In der seit Monaten aufgeheizten öffentlichen Stimmung sieht sich »Meißen Watch« immer wieder massiven Anfeindungen ausgesetzt. »Zu gegenwärtig sind die Bedrohungen der Nazis, Faschos und der Besorgten Bürgerschar«, begründeten die anonymen Macher ihr Fernbleiben.

Das Projekt dokumentiert Fälle von Alltagsrassismus, legt sich dabei regelmäßig auch mit der Lokalpolitik an. Einer ihrer Vertreter scheint sich mit der Initiative allerdings nicht nur inhaltlich auseinandersetzen zu wollen. Als die Meldung von der Auszeichnung für das antirassistische Projekt im Internet die Runde machte, bezeichnete der CDU-Stadtrat Jörg Schlechte die Macher auf Facebook als »Dreckszecken« und »flüchtlingsbesoffene Gutmenschen« und fügt danach in einem weitere Kommentar an: »Ist mein Ernst«.

Die verbal Attackierten reagierten auf die Beleidigungen schockiert: »Ein Stadtrat aus der CDU empört sich über Menschen, die klaren Menschenhass aufzeigen und benennt diese als flüchtlingsbesoffen und Dreckszecken?«, fragt »Meißen Watch« und kritisiert, der CDU-Lokalpolitiker habe sich bisher kaum mit klaren Positionen gegen Fremdenfeindlichkeit hervorgetan. Kaum vorstellbar sei es, dass Schlechte etwa die Rassisten der lokalen rassistische Gruppierung »Initiative Heimatschutz« einmal öffentlich als »Drecksnazis« bezeichnen würde.

Dass solche Gruppen auch im Internet ihren Hass verbreiten, sei ein massives Problem. »Keine Empörung, kein Aufschrei, nichts! Aber diejenigen, die genau das anprangern, sind ein Problem«, kritisiert »Meißen Watch«. Wie die »Sächsische Zeitung« berichtet, stoßen die Worte des CDU-Politikers allerdings auch in den eigenen Reihen auf Kritik. So erklärte der Meißner Vize-CDU-Chef Walter Hannot, solche Begriffe hätten in der politische Auseinandersetzung nichts zu suchen. Ein Parteikollege und Stadtrat aus Meißen nannte Schlechte einen ewig Gestrigen.

Dieser selbst kann die Aufregung auf Nachfrage nicht so ganz verstehen: »Wenn mir ein besserer Begriff eingefallen wäre, hätte ich den gesagt. Aber anonym andere Meinungen zu geißeln, finde ich nicht gut«, rechtfertigt sich Schlechte in der »Sächsischen Zeitung«.

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