Bis zu drei Dezibel weniger

Entlang wichtiger Straßen in Baden-Württemberg gilt für etliche Gemeinden bereits Tempo 30 - aber es gibt auch Widerstand

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Anwohner freut es, doch so mancher Autofahrer ärgert sich: Im Südwesten gilt auf Ortsdurchfahrten zunehmend Tempo 30. Grund dafür ist oftmals der Lärmschutz. Aber bringt das überhaupt etwas?

Stuttgart. Wer am späten Abend vom oberschwäbischen Ravensburg nach Meersburg an den Bodensee fahren will, braucht vor allem eines: Geduld. Auf der Bundesstraße 33 - einer der wichtigen Verkehrsadern der Region - gilt in mindestens vier Gemeinden an der Strecke Tempo 30. Auch auf dem Weg von Meersburg nach Friedrichshafen muss man die Geschwindigkeit auf zahlreichen Kilometern drosseln; zum Teil ganztägig, zum Teil ab 22 Uhr. Tempo 30 ist in Baden-Württemberg auf dem Vormarsch - und das nicht nur auf Nebenstraßen.

Einer der Gründe dafür sei der Lärmschutz, heißt es beim Verkehrsministerium in Stuttgart. Der Verkehr auf den Straßen nehme zu, die Lautstärke auch: »Nicht mehr zumutbar ist der Straßenverkehr in aller Regel dann, wenn die Beurteilungspegel für den Lärm bestimmte Richtwerte überschreiten.« Bei fließendem Verkehr bringe Tempo 30 eine spürbare Abnahme des Lärms bis zu drei Dezibel.

Innerhalb geschlossener Ortschaften gilt generell die Höchstgeschwindigkeit von 50 Stundenkilometern. Allerdings kann nach Angaben des Regierungspräsidiums Freiburg auf Hauptverkehrsstraßen - also auch Bundes-, Landes- und Kreisstraßen - Tempo 30 eingeführt werden. Etwa, wenn die Straße besonders eng, kurvenreich oder abschüssig ist. Oder in der Nähe von Krankenhäusern, Altenheimen oder Schulen. Auch zum Schutz vor Abgasen kann das Tempo 30 als Maßnahme eingesetzt werden.

Wie sehr die Anzahl der Tempo-30-Zonen im Südwesten zugenommen hat, lässt sich nicht sagen. Es gebe keine Übersicht darüber, sagte eine Ministeriumssprecherin. Eine Gemeinde, der das langsamere Tempo nach eigenen Angaben etwas gebracht hat, ist der Urlaubsort Hagnau am Bodensee. Durch das 1460-Einwohner-Örtchen führt mit der B 31 eine der wichtigsten Strecken der Region. Bis zu 27 000 Fahrzeuge fahren mitten durch den Ort hindurch - jeden Tag. »Das sind 10 000 Fahrzeuge mehr als durch den Gotthard-Tunnel in der Schweiz«, sagt Bürgermeister Volker Frede. »Erforderlich wäre dafür eine vierspurige Straße.« Die Geschwindigkeitsbegrenzung sorge zumindest dafür, dass das Leben mit der Straße ein klein wenig weniger belastend sei. Für die Autofahrer bedeute die Reduzierung der Geschwindigkeit einen Zeitverlust von nicht einmal 30 Sekunden.

Die Gruppe »Verkehrsfluss statt Tempolimits« aus Nürtingen (Kreis Esslingen) etwa kämpft gegen die Begrenzungen. Vor Kindergärten und Schulen sei Tempo 30 »absolut angebracht«, heißt es auf ihrer Internetseite. Doch dürfe der Sicherheitsanspruch nicht verallgemeinert werden: »Bei heutigen Fahrzeugen ist außerdem der Fußgängerschutz so ausgelegt, um bei einem Verkehrsunfall in der Stadt schwere Verletzungen zu verhindern.« Die Initiative bezweifelt zudem den Nutzen bei Lärm- und Emissionsschutz. Die meisten Autos hätten bei Tempo 30 einen höheren Verbrauch und so auch höhere CO2-Emissionen als bei Tempo 50. dpa/nd

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