Botschaft der Versöhnung am Beinhaus

Deutsch-französisches Gedenken in Verdun in Erinnerung an die schlimmste Schlacht des Ersten Weltkriegs

  • Fabian Erik Schlüter, Douaumont
  • Lesedauer: 3 Min.
Hundert Jahre nach der Schlacht von Verdun haben Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Staatschef Hollande der Kriegstoten gedacht und die deutsch-französische Versöhnung gewürdigt.

Verdun stehe »für unfassbare Grausamkeit und Sinnlosigkeit des Krieges wie auch für die Lehren daraus und die deutsch-französische Versöhnung«, erklärte Angela Merkel am Sonntag im Rathaus der lothringischen Stadt Verdun an der Seite von Präsident François Hollande. »Erbittert kämpften hier vor 100 Jahren Franzosen und Deutsche gegeneinander«, sagte die Bundeskanzlerin mit Blick auf die Schlacht, bei der zwischen Februar und Dezember 1916 mehr als 300 000 Soldaten getötet wurden. Verdun sei »eine der fürchterlichsten Schlachten, die die Menschheit erlebt hat«.

Verdun sei aber auch ein Symbol für die deutsch-französische Freundschaft. Merkel sagte, es sei »alles andere als selbstverständlich«, dass ihr ein so freundlicher und freundschaftlicher Empfang bereitet werde.

Zugleich verwies sie auf die historische Versöhnungsgeste zwischen dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl und Frankreichs Präsident François Mitterrand im September 1984. Die Staatsmänner hatten damals vor dem Beinhaus von Douaumont nahe Verdun Hand in Hand der Kriegstoten gedacht. Das Bild habe sich »tief in das Gedächtnis unserer Nationen eingebrannt«, so Merkel.

Hollande sagte, Verdun stehe für das »Schlimmste«, aber auch das »Beste« in der Geschichte Europas. Die Stadt beschränke sich nicht auf einen »Totenkult«, sondern betreibe eine wahre »Friedensmission«. Das sei der »Geist von Verdun«. Beide überreichten dem Bürgermeister von Verdun, Samuel Hazard, den diesjährigen Adenauer-de-Gaulle-Preis, der Verdienste um die deutsch-französische Freundschaft auszeichnet.

Merkel mahnte eine intensive Erinnerungsarbeit an und verwies dabei insbesondere auf Kinder und Jugendliche, die bei den Zeremonien am Sonntag eine wichtige Rolle einnahmen. »Wir alle sind dazu aufgerufen, Erinnerung auch künftig wach zu halten. Denn nur wer die Vergangenheit kennt, kann auch Lehren aus ihr ziehen und damit dann eine gute Zukunft gestalten.«

Mit einer ganzen Reihe von Zeremonien erinnerten Hollande und Merkel am Sonntag an die Schlacht von Verdun, die als Sinnbild für die Grausamkeit des Ersten Weltkriegs gilt. Beide legten am Vormittag bei regnerischem Wetter zunächst an dem nahe Verdun gelegenen deutschen Soldatenfriedhof von Consenvoye einen Kranz nieder und hielten eine Schweigeminute ab. Auf dem Friedhof ruhen die sterblichen Überreste von mehr als 11 000 bei der Weltkriegs-Schlacht getöteten deutschen Soldaten.

Nach dem Besuch des Rathauses von Verdun legten Merkel und Hollande auch an einem Denkmal in der Stadt einen Kranz nieder, liefen bejubelt von zahlreichen Schaulustigen durch die Stadt und ließen zusammen mit Kindern und Jugendlichen weiße Luftballons mit dem Symbol der Friedenstaube aufsteigen.

Im Anschluss an ein Arbeitsessen mit Beratungen über Themen wie die Flüchtlingskrise und den möglichen Austritt Großbritanniens aus der EU stand zunächst ein Besuch der Gedenkstätte von Verdun an, zusammen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und dem Präsidenten des EU-Parlaments, Martin Schulz. Ort der Hauptzeremonie war am Nachmittag das Beinhaus von Douaumont, in dem die Gebeine von 130 000 während der Kämpfe getöteten deutschen und französischen Soldaten ruhen. 3400 Jugendliche aus Deutschland und Frankreich nahmen an einer Inszenierung des Regisseurs Volker Schlöndorff teil, anschließend entzündeten Merkel und Hollande im Beinhaus eine »Flamme der Erinnerung«. AFP/nd

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