Henkel denunziert Flüchtlingshelfer
Innensenator: Unterstützer-Szene hilft Geflüchteten unterzutauchen
Viele Flüchtlinge können einer Abschiebung entgehen, weil sie in der Stadt zahlreiche Unterstützer finden. Das räumte Innensenator Frank Henkel (CDU) am Freitag in einem Interview mit dem Deutschlandfunk ein. Flüchtlinge, die eigentlich ausreisen müssten, könnten zum Teil untertauchen, »weil es auch eine entsprechende Unterstützer-Szene gibt, da muss man nicht drumherum reden«, sagte Henkel. »Das ist in Berlin etwas, das über viele, viele Jahre gewachsen ist. Das erleichtert Betroffenen auch, die Durchsetzung ihrer Ausreisepflicht zu verzögern.«
Zudem gebe es weitere Gründe, warum ausreisepflichtige Flüchtlinge, die kein Asyl erhalten haben, nicht abgeschoben werden könnten, sagte Henkel. Als Beispiele nannte er ärztlich bestätigte Reiseunfähigkeit und fehlende Pässe. In vielen Fällen trifft die Polizei am Tag der Abschiebung die Menschen auch nicht an, weil sie sich verstecken. Henkel betonte erneut, Berlin wolle die Zahl der Abschiebungen weiter erhöhen. In diesem Jahr werde eine Größenordnung von 1200 angestrebt.
Stephan von Dassel, Grünen-Sozialstadtrat von Mitte, glaubt aus Erfahrung sowieso nicht an Abschiebungen im großen Stil. »Die meisten Ausreiseaufforderungen werden von den Gerichten aus berechtigten Gründen einkassiert - unter anderem weil in manchen Ländern Krieg ist«, sagte er dem »nd«.
Von Januar bis April 2016 wurden nach kürzlich veröffentlichten Zahlen rund 600 Menschen aus Berlin abgeschoben. 2015 waren es im gleichen Zeitraum rund 260 und im ganzen Jahr 800. Im vergangenen Jahr kamen mehr als 79 000 Flüchtlinge nach Berlin; bis Ende Mai 2016 waren es etwa 11 000. Die »Bild«-Zeitung hatte geschrieben, dass in Berlin nur 16 Prozent der ausreisepflichtigen Menschen abgeschoben worden seien. Henkel wies die Zahl zurück. dpa/nic
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