Einig nur gegen François Hollande

Frankreichs Kommunisten unterstützen die Proteste gegen den Reformkurs und streiten über Umgang mit Sozialisten

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Die massive landesweite Abwehrbewegung gegen die Arbeitsrechtsreform der Regierung bestimmte zu einem großen Teil den 37. Parteitag der Französischen Kommunistischen Partei.

Sie haben die volle Unterstützung der Französischen Kommunistischen Partei (FKP): die massiven Proteste gegen die Arbeitsmarktreform in Frankreich. Eine erste Erklärung, die von den Delegierten einstimmig angenommen wurde, rief zur Ausweitung und Verstärkung dieser Bewegung auf. Die Regierung, hieß es da, sei in der Defensive und stehe der Mehrheit der Franzosen gegenüber, die die Reform ablehnen. »Die Regierung will ihren Kurs um jeden Preis durchsetzen und scheut sich dabei auch nicht, die Akteure der sozialen Kämpfe mit einer Flut von Beleidigungen und Verleumdungen zu überschütten und mit Polizeigewalt gegen sie vorzugehen.« Es wird aufgerufen, alle Kräfte zu mobilisieren und den nächsten Aktionstag am 14. Juni zu einem überwältigenden Erfolg zu machen. Die FKP fordert von der Regierung, das Gesetz zur Arbeitsrechtsreform zurückzuziehen und einen Dialog mit den Gewerkschaften aufzunehmen, um ein neues Arbeitsrecht auszuarbeiten.

Soweit das, was eint. Sobald sich die Delegierten den Problemen der Partei zuwandten, ging es auf dem Parteitag von Donnerstag bis Sonntag in der Pariser Vorstadt Aubervilliers weniger einvernehmlich zu. Das hatte sich schon vorab abgezeichnet, denn bei einer Abstimmung unter den Mitgliedern bekam das Positionspapier von Nationalsekretär Pierre Laurent nur 51,2 Prozent der Stimmen und in der Pariser Föderation sogar nur 49,6 Prozent. Das ist ein Negativrekord in der Geschichte der Partei und zeugt von den Differenzen innerhalb der Partei über die Frage, wie die FKP den Abstieg in die Bedeutungslosigkeit abwenden und wieder zu einem respektierten Akteur des politischen Lebens werden kann.

Die Schlüsselfrage, so zeigte sich immer wieder in der Diskussion, ist die Haltung zu den Sozialisten (PS). Pierre Laurent plädiert dafür, sich beispielsweise eine Beteiligung an einer Urabstimmung zur Suche nach einem Kandidaten der Linken für die Präsidentschaftswahl 2017 offen zu halten und diesen - vorausgesetzt es ist nicht François Hollande - dann zu unterstützen, um zu verhindern, dass die Linke im zweiten Wahlgang überhaupt nicht mehr präsent ist. Dann fiele die Entscheidung nur noch unter den Kandidaten der rechtsbürgerlichen Republikaner und der rechtsextremen Front National. Immer mehr setzen sich jedoch in der FKP die Kräfte durch, die einen radikaleren politischen Kurs wollen und damit eine strikte Abgrenzung zu den Sozialisten. Diese Strömung, die von Patrice Cohen-Séat angeführt wird, lehnt die Urabstimmung ab und will die in Agonie verfallene Linksfront aus Kommunisten und Partei der Linken wiederbeleben.

Doch zahlreiche Kommunisten kritisieren, dass die Linksfront zu einem Instrument für Jean-Luc Mélenchon geworden ist, die FKP, deren Mitglieder, Finanzen und landesweit gut vernetzten Strukturen in den Dienst der eigenen Präsidentschaftskandidatur zu stellen. Dass sich Mélenchon bereits im Februar selbst zum Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2017 ausgerufen hat, ohne zuvor die FKP auch nur zu informieren, geschweige denn zu konsultieren, nimmt ihm Pierre Laurent immer noch übel. Darüber konnte auch die demonstrative Umarmung des Parteitagsgastes für die Pressefotografen nicht ändern.

Dass Mélenchon am Sonntag, zeitgleich mit dem Abschluss des FKP-Parteitages, in Paris sein erstes Wahlkampfmeeting abhielt, ist ein weiteres Zeichen für die Probleme, die beide Seiten miteinander haben. Laurent konnte auf dem Parteitag durchsetzen, dass die Entscheidung der FKP, ob sie an einer Urabstimmung der Linken teilnimmt oder eine solche sogar selbst organisiert, und wen sie im Präsidentschaftswahlkampf 2017 unterstützt, erst nach einer Mitgliederbefragung im Oktober durch eine Nationalkonferenz gefällt wird. Bis dahin wollen die Kommunisten weiter versuchen, alle Kräfte der alternativen Linken, von den Dissidenten innerhalb der PS über die Grünen und die Kommunisten bis hin zu radikaleren linken Parteien und Organisationen zu einer breiten Front zu sammeln.

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