Wir kooperieren uns zu Tode
Christian Baron über die Strukturreform der Thüringer Theater
Von den vielen beschönigenden Bürokratenbegriffen ist in der hiesigen Kulturpolitik jener der »institutionellen Kooperation« besonders beliebt. Bei Regierungsvertretern arm gehaltener Bundesländer findet sich immer weniger Bereitschaft, die kulturelle Vielfalt zu retten. Weil Politiker nun penibel auf einen hochkulturaffinen Habitus achten, wollen sie nicht für Theaterschließungen verantwortlich zeichnen. Also lassen sie Häuser fusionieren oder kooperieren - und kalkulieren so mit deren schleichendem Ende.
Klamm sind die Kassen etwa in Thüringen. Seit zehn Jahren schwelt dort eine Theaterdebatte. Bisher bekannte sich keine Partei zum Erhalt aller Kultureinrichtungen. Auch nicht die LINKE, deren Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff seine Reform nun zum großen Wurf stilisiert. Zehn Millionen Euro mehr soll es bis 2021 für Theater und Orchester geben.
Das klingt natürlich spendabel. Stellenstreichungen, Spartenabwicklungen durch die Hintertür und untertarifliche Bezahlung wird es aber auch weiterhin geben. Nur an den starken Strukturen ist Hoffs Wunsch nach einer Fusion der Theater in Erfurt und Weimar gescheitert. Beide müssen jedoch künftig ebenso ihre Produktionen »austauschen« wie die Theater Eisenach, Rudolstadt, Nordhausen und Meiningen. Worauf das hinausläuft, liegt auf der Hand: mehr Geld und trotzdem weniger Kultur.
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