Däumchen drehen - und was dann?

Wer Gruppendritter wird, muss auf Gewissheit warten

  • Lesedauer: 2 Min.

Der neue EM-Modus stellt Mannschaften und Fußballfans in den kommenden Tagen auf eine harte Probe. Die komplizierte Arithmetik führt im ungünstigsten Fall dazu, dass Spieler und Trainer sich tagelang auf ein Spiel vorbereiten, das sie dann gar nicht spielen.

»Früher wusste man: Wenn man Erster wird, spielt man gegen den Zweiten der Gruppe B, C oder D. Jetzt weiß man fast gar nichts«, sagt Bundestrainer Joachim Löw. Tatsächlich können auch er und sein Stab bis zum Mittwochabend nur mit Zahlen und Buchstaben jonglieren, weil die neue Teilnehmerzahl von 24 Teams für Durcheinander sorgt.

Besonders ratlos werden die Gruppendritten sein. Nur die vier besten der sechs Dritten kommen weiter: Der Dritte der Gruppe A muss womöglich bis Mittwoch warten, um zu wissen, ob er bleibt. Auch für die Fans heißt das: Erst mal bleiben, um dann vielleicht doch heimzufliegen.

Besonders verwirrend ist die Verteilung der vier besten Gruppendritten auf die Achtelfinal-Begegnungen. Die Grafik in den entsprechenden UEFA-Regularien ähnelt einer ausgeschütteten Buchstabensuppe: »A-B-C-F«, »B-C-D-E«, »B-D-E-F« - es gibt 15 verschiedene Möglichkeiten, nach denen die vier Gruppendritten vier Gruppenersten zugeteilt werden.

Auch die DFB-Elf wird Geduld brauchen. Bei einem Gruppensieg geht es gegen den Dritten der Gruppe A, B oder F. »Kein Problem«, sagt Joachim Löw: »Unsere Scouts beschäftigen sich nicht mit einem möglichen Gegner, sondern mit mehreren. Die Zeit reicht, um uns vorzubereiten.«

Auch ist der Quervergleich der Gruppendritten sportlich fragwürdig. Drei Punkte in einer »Todesgruppe« können wesentlich schwieriger zu erreichen sein als vier Zähler gegen Fußball-Zwerge. Doch was am Ende zählt, sind die Punkte - und dann Tordifferenz, erzielte Tore, Fair-Play-Verhalten, UEFA-Koeffizient.

Zudem droht Wettbewerbsverzerrung. Das beste Beispiel ist die WM 1986, an der ebenfalls 24 Teams teilnahmen: Am letzten Tag der Vorrunde wusste Uruguay schon vor Anpfiff, dass ein Remis reichen würde, um zu den besten Dritten zu gehören. Das Spiel gegen Schottland endete - Überraschung! - 0:0. SID/nd

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